Zittern und Jubeln unter dem Eisernen Dom

ISRAEL Am Strand von Tel Aviv versammeln sich israelische Deutschlandfans zum Finale

TEL AVIV taz | Ein paar Stunden vor dem Finale fangen in Tel Aviv wieder die Sirenen zu heulen an. Die Straßen leeren sich, nur ein paar Männer stehen auf dem Gehweg und deuten in den Himmel. Dann folgt hoch oben ein dumpfer Knall und dann noch einer. Man stellt sich unter. Der Knall bedeutet, dass der Eiserne Dom, das Raketenabwehrsystem, funktioniert hat. Man soll sich nach dem Alarm noch zehn Minuten im Bunker aufhalten oder an einem anderen sicheren Ort. Nach dem Abschuss fallen Metallteile vom Himmel. Hilfreich ist ein guter Orientierungssinn: Die Raketen kommen in Tel Aviv immer aus dem Süden.

Danach bleibt es ruhig am Himmel. Ein halbe Stunde bevor das Finale beginnt, gibt es im „Bla Bla“ schon keine guten Plätze mehr. Auf Einladung der deutschen Botschaft und des Goethe-Instituts haben sich in der Strandbar Fans der deutschen Mannschaft eingefunden. Sie sitzen auf Plastikstühlen im Sand, auf beiden Seiten der Leinwand, die mit Deutschlandfahnen geschmückt ist.

Der Ort ist gut gewählt. Der Frischmann-Strand war immer schon deutsch, weil in den Dreißigern viele deutsche Juden ins angrenzende Viertel gezogen sind. Im Café Mersand an der Kreuzung Frischmann- und Ben-Jehuda-Straße hängt eine Autogrammkarte von Günther Jauch.

Am Strand bestellen klischeeblonde Mädchen mit Schwarz-Rot-Gold auf den Wangen Pommes und Bier. Viele tragen deutsche Trikots. Die Frauen sind meist Müller-Fans, schon von weitem an der 13 zu erkennen, bei den Männern gibt es mehr Abwechslung. Yuval war das offizielle Trikot zu teuer. Er hat sich auf ein weißes Shirt hinten Klose, 11, und vorne das Logo des DFB drucken lassen.

Das Spiel geht los, die Stimmung ist super. Zehn Deutschlandfans singen lautstark „Auf geht’s, Deutschland schießt ein Tor!“ und skandieren: „Who the fuck is Argentina?“ Die Hardcorefans der deutschen Mannschaft sind gar keine Deutschen, sondern Israelis. Ihre Facebookgruppe GermanyFansISR hat 1.615 Mitglieder. In der 29. Minute Schreie, Ball im deutschen Tor, dann Jubel: Abseits!

In der Pause wird berichtet, dass Hamas angekündigt hat, neue, computergesteuerte Raketen abzufeuern.

Am Ende sind die Deutschland-Ultras so mit den Nerven runter, dass sie die Abwehrleistung ihrer Mannschaft feiern. Als Götze endlich sein Tor schießt, herrscht reine Ekstase. Danach noch ein bisschen bibbern, dann bricht Jubel aus. „Yalla habeita! Yalla habeita!“, singen sie, als argentinische Spieler auf der Leinwand erscheinen: „Geht nach Hause!“ ULRICH GUTMAIR