heute in bremen
: „Wo der Genuss aufhört“

Von legalen Drogen Abhängige über 55 treffen sich zur Selbsthilfe

taz: Ihre Selbsthilfegruppe für AlkoholikerInnen und Medikamentensüchtige richtet sich speziell an Menschen ab 55. Ist das eine besonders gefährdete Gruppe?

Antje Gervelmeyer, Regenbogen e. V. Bremen: Einer Studie zufolge ist jeder Zehnte über 60 süchtig. Und die Probleme älterer Menschen unterscheiden sich von denen jüngerer. Oft geht es um die einfache Frage, wie man seinen Tag sinnvoll gestalten kann. Wenn man pensioniert wurde, hat man plötzlich acht Stunden mehr Zeit. Oft kommt die Einsamkeit dazu.

Gehen Angehörige mit Sucht bei Älteren anders um, als mit Sucht bei Jüngeren?

Ja. Sucht bei Älteren wird noch stärker tabuisiert. Oft werden blaue Flecken oder kleine Autounfälle, die durch Alkoholmissbrauch entstanden sind, auf das Alter geschoben.

Woran merkt man, dass man süchtig ist?

Oft fällt es einem nicht selber auf, sondern den Kollegen bei der Arbeit, oder der Familie. Man sollte stutzig werden, wenn man anfängt sich zu belohnen. Wenn man zum Beispiel beim Küche putzen denkt: „Wenn ich fertig bin, trink’ ich erstmal einen Schnaps“ – sich also durch Alkohol motiviert. Ein anderes Anzeichen für Sucht ist, wenn die Menge etwa an Alkohol, die man konsumiert, immer ein bisschen steigt. Die einfachste Regel ist: Die Sucht fängt an, wo der Genuss aufhört.

Interview: Nina Kim Leonhardt

Die Gruppe „Sucht 55 PLUS“ trifft sich jeden Dienstag von 18 bis 20 Uhr im Ohlenhof 10. Kontakt: ☎ 0421 / 64 70 06