„Alle verstehen sich“

Die Beziehung meiner Eltern war schon vor meiner Geburt ziemlich konfliktreich. Sie sind zusammengezogen, als ich zur Welt gekommen bin, um für mich ein bisschen Familie zu simulieren. Das hat nicht geklappt. Als ich zwei war, haben sie sich getrennt. Trotzdem haben sie guten Kontakt zueinander gehalten und sich das Sorgerecht geteilt. Ein paar Tage pro Woche war ich bei meinem Vater, die restliche Zeit bei meiner Mutter. Bei beiden hatte ich ein Zimmer und ein Zuhause. Dass mich manchmal mein Vater in den Kindergarten gebracht hat und manchmal meine Mutter, war für mich nichts Besonderes.

Andere Kinder, bei denen die Eltern noch zusammengelebt haben, waren für mich einfach ein anderes Lebensmodell, weder besser noch schlechter als unseres. Ich glaube, ich konnte das deshalb so gut akzeptieren, weil ich meine Eltern nie als Paar erlebt oder zusammengedacht habe. Es gibt zwar alte Fotos, auf denen die beiden drauf sind, aber die wirken für mich wie aus einer anderen Zeit. Als ich sechs war, bin ich mit meiner Mutter nach Finnland gezogen, wo sie eigentlich herkommt und ich geboren wurde. Mein Vater blieb in Deutschland. Darüber haben sich meine Eltern dann noch einmal gestritten, wovon ich allerdings nicht viel mitgekriegt habe. Es war hart, so weit von meinem Vater weg zu sein, obwohl wir uns in jeden Schulferien gesehen haben. Wenn er mich in Finnland besucht hat, hat er sogar bei uns gewohnt. Als wir zurück nach Deutschland kamen, war ich froh, wieder in seiner Nähe zu sein. Mittlerweile haben meine Eltern neue Partner. Mit beiden komme ich gut zurecht. Sie verstehen sich auch alle.

Alexander Lindh, 26 Jahre alt, ist Deutschfinne und lebt als freier Fernsehautor in Berlin