Militärs treffen Aktivisten

ÄGYPTEN Die Generäle sprechen mit Vertretern der Jugendbewegung. In Kairo wird wieder demonstriert

Ein „Rat zur Verteidigung der Revolution“ will den Übergang vorantreiben

KAIRO rtr/dapd/dpa | In Kairo haben sich nur Stunden nach der Räumung des Tahrir-Platzes am Montagmittag erneut rund 2.000 Demonstranten versammelt. Sie blockierten den Verkehr auf dem zentralen Platz, wo Soldaten und Militärpolizei zuvor die letzten mehrere Dutzend Demonstranten zum Abzug bewegt hatten. Sie forderten höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.

Die Armee hatte zunächst die Kontrolle über den Tahrir-Platz, das Symbol der Bewegung, erlangt. Der Verkehr floss wieder. Doch dann marschierten hunderte Polizisten ungehindert dorthin und solidarisierten sich mit der Protestbewegung. Sie kamen teils in Uniform, teils in Zivil. „Wir und das Volk gehören zusammen“, riefen Polizisten in Sprechchören. Viele schwenkten die ägyptische Fahne. Mit der Solidaritätskundgebung sollten auch „die Märtyrer der Revolution“ geehrt werden, erklärten die Polizisten. Die meisten Ägypter betrachten die Polizei allerdings als Ausführungsorgan des alten verhassten Machtapparats. Der Oberste Militärrat rief in einem neuen Kommuniqué am Montag zum Ende der Proteste und der anhaltenden Streiks auf.

Am Sonntag traf sich die Militärführung erstmals mit Vertretern der Jugendbewegung. Der prominente Aktivist Wael Ghonim beschrieb das Treffen auf einer vom ihm betreuten Facebook-Seite als ermutigend.

Die Streitkräfte hätten die Übergangsregierung, in der viele Anhänger Mubaraks vertreten sind, als im Interesse der Stabilität notwendig verteidigt, erklärten Ghonim und ein weiteres Mitglied der Protestbewegung, Amr Salama. Sie hätten aber baldige Veränderungen in der Regierung zugesagt. Außerdem wolle die Militärführung nach eigenen Angaben gegen korrupte Personen vorgehen, ungeachtet deren früherer oder aktueller Position. Die Vertreter der Streitkräfte hätten ihre Gesprächspartner zudem dazu ermutigt, die Gründung von Parteien zu erwägen, und zugesagt, sich regelmäßig mit ihnen zu treffen.

Am Wochenende hatten einige Organisatoren der Massenproteste einen „Rat zur Verteidigung der Revolution“ ins Leben gerufen. Aufgabe des Rates werde es sein, in der Übergangsphase die Revolution im Dialog mit dem regierenden Militärrat voranzutreiben, sagte ein Sprecher des neuen Gremiums. Sollte das Militär die Forderungen des Volkes nicht erfüllen, werde erneut zu Demonstrationen aufgerufen.

Für kommenden Freitag sei eine Großkundgebung zur Feier des Erfolgs der Revolution geplant, sagte der Sprecher des Rats weiter. Zu den Hauptforderungen des neuen zwanzig Mitglieder umfassenden Rates gehörten die sofortige Freilassung politischer Gefangener, die Abschaffung der Notstandsgesetze und die Auflösung des Sicherheitsapparats des Innenministeriums.

Proteste erreichen Golf

Im Golfstaat Bahrain fand am Montag erstmals ein „Tag des Zorns“ statt. Augenzeugenberichten zufolge setzten die Beamten Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten in der überwiegend von Schiiten bewohnten Ortschaft Newidrat im Südwesten des Golf-Königreichs ein. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Erste Zusammenstöße gab es bereits am Sonntag in der Ortschaft Karsakan im Westen des Inselstaates. Die Regierung hatte bereits vergangene Woche versucht, die Opposition mit Zugeständnissen zu besänftigen. So versprach der Monarch jeder Familie umgerechnet rund 2.000 Euro und kündigte mehr Pressefreiheit an.

Im Jemen gingen zum vierten Mal in Folge tausende Menschen gegen Präsident Ali Abdullah Saleh auf die Straße. In der Hauptstadt Sanaa demonstrierten 2.000 Menschen; in der Industriestadt Tais kam es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Salehs.