Verfahrensmängel auf dem Kasernenhof

Die Senatssitzung im Sicherheitsbereich brachte auch kein Ergebnis: In Münster bleiben Studiengebühren umstritten. Eine Kommission soll klären, ob die Mittel tatsächlich der Uni zu Gute kommen. Studenten feiern Protesterfolg

MÜNSTER taz ■ Ein Geruch aus Schimmel, Schweiß und Salamibrötchen erwartete die Senatoren der Uni Münster am Samstag bei der außerordentlichen Sitzung auf dem ehemaligen Kasernengelände im Vorort Harndorf. Spätestens nach der vierten Sitzungsstunde gesellte sich auch Sauerstoffarmut dazu. Lüften? Ausgeschlossen, denn die Protestrufe von 600 Gebührengegner drangen durch die doppelverglasten Scheiben. Noch lauter wurden die Protestierer, als sie von dem Ausgang der Senatssitzung hörten.

Der Senatsvorsitzende Jandbernd Oebbecke verlas das Ergebnis der geheimen Abstimmung zum Antrag der Professorenschaft „300 Euro ab dem kommenden Wintersemester“. Da die Professoren zwölf von 23 Senatssitzen stellen, können sie eigentlich jeden Antrag durchwinken. Doch eine Stimme fehlte. Kinderheilkundler Joachim Boos hatte nicht zugestimmt.

„So sehen Sieger aus“, feierten die Studierenden draußen, als das Ergebnis durchsickerte. Der AStA-Vorsitzende Tom Münster sagte etwas großspurig: „Wir haben heute wieder Studiengebühren verhindert“ – verschoben wäre passender gewesen. Denn auch ein Antrag der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen fand seine Mehrheit: Eine Kommission soll nun bis zur Senatssondersitzung im März das Für und Wider von Studiengebühren und ihren Verwendungszweck erörtern.

Die Auflistung, die Uni-Rektorin Ursula Nelles dazu am Samstagmorgen vorgestellt hatte, fand nur wenig Beifall. ProfessorInnen und wissenschaftliche MitarbeiterInnen kritisierten das Rektorat. „Anhand einer Powerpoint-Präsentation sollen wir nun einen Paradigmenwechsel in der Hochschulfinanzierung entscheiden“, sagte etwa der wissenschaftliche Mitarbeiter Dietmar Lammers. Professor Boos forderte die Rektorin besonders beim größten Ausgabenposten des Elf-Millionen-Pakets heraus: 1,9 Millionen Euro sollen in zusätzliches Lehrpersonal fließen, was allerdings aufgrund der Kapazitätsverordnung die Uni zur Aufnahme neuer Studierenden verpflichten würde. Einzig in „Überlast-Fächern“ wie Germanistik oder Anglistik sei eine Aufstockung ohne Aufnahme neuer Studierenden möglich, gestand dann auch Nelles ein.

„Sollen wir auf Kosten aller Studierenden Institutsleitungen für ihr schlechtes Management belohnen?“, sagte Kinderheilkundler Boss. Dazu bestehe noch die Gefahr, dass mit der Einführung von Studiengebühren, wie in anderen NRW-Hochschulen beobachtbar, die Zahl der Studierenden sinken und damit auch die Zuweisungen des Landes.

Trotz Abstimmungserfolg stehen Chancen für die Gebührengegner allerdings schlecht: Selbst eine erneute Sprengung der Sondersitzung könnte dann die Entscheidung nicht verhindern. Zum Abschluss der Tagung auf dem ehemaligen Kasernengelände ermächtigten die Senatsmitglieder ihren Vorsitzenden Jandbernd Oebbecke im Fall einer Beschlussunfähigkeit das Ergebnis per Briefwahl festzustellen. RALF GÖTZE