Gebühren-Entscheidung in der Kaserne

Die Universität Münster verlegt ihre entscheidende Senatssitzung zur Einführung von Studiengebühren auf militärisches Gelände. Die Studierenden sollen draußen bleiben. Der AStA will trotzdem für Demos mobilisieren

MÜNSTER taz ■ Nachdem die Münsteraner Schlosstüren trotz muskelbepackter Sicherheitskräfte nicht stark genug waren, um den rund 2.000 protestierenden Studierenden den Weg in den Senatssaal zu versperren, fährt die Leitung der Universität nun größere Geschütze auf. „Panzerstraße: links abbiegen Richtung Lützow-Kaserne“, beschreibt der Senatsvorsitzende Janbernd Oebbecke in seiner Einladung an die 23 Gremiumsmitglieder den Weg zur außerordentlichen Sitzung am heutigen Samstag. Wichtigster Tagesordnungspunkt: Die Grundsatzentscheidung zum Thema Studiengebühren.

„Dieser Ausschluss der Öffentlichkeit widerspricht den demokratischen Gepflogenheiten“, kritisiert der AStA-Vorsitzende Tom Münster die Verlegung des Tagungsortes in die verschlafene Beamten-Vorstadt Handorf. „Die Sitzung ist öffentlich“, hält Uni-Sprecher Norbert Frie dagegen. Allerdings sollen nur etwa 15 Studierende als Zuschauer der Sitzung beiwohnen dürfen. Der Rest bleibt außen vor.

AStA und Fachschaften versuchen dennoch, möglichst viele Studierende zu mobilisieren. Samstag, acht Uhr morgens, außerhalb und laut Prognose auch noch leichter Regen – das sind zwar alles andere als ideale Bedingungen, um Massen in den 30 Radminuten entfernten Vorort zu locken. Dennoch bleibt der AStA-Vorsitzende Tom Münster optimistisch: Trotz des sturmfreien Donnerstags habe sich die Nachricht von der außerordentlichen Senatssitzung in Windeseile verbreitet. Wie viele Studierende aber letztlich mit Rad, Shuttle- oder Linienbussen anreisen, will er aber nicht abschätzen: „Das ist alles zu ungewiss.“

Klarer werde für ihn dagegen mittlerweile die Linie der neuen Rektorin Ursula Nelles. Versuchte die einstige Gebührengegnerin noch mit Phrasen wie „vorerst keine Einführung von Studienbeiträgen“ ihren Sinneswandel zu vertuschen, stellte sie gestern erstmals auf der Uni-Webseite die Grundzüge der geplanten Campusmaut vor. 300 Euro sollen die Münsteraner Studierenden demnach in Zukunft pro Semester berappen. Erster Verwendungszweck zur Verbesserung der Lehrqualität: „Zusätzliches Lehrpersonal.“ Dabei hatte Nelles‘ Amtsvorgänger Jürgen Schmidt bei einer Aussprache mit den Schlossbesetzern im Sommer letzten Jahres noch einmal ausdrücklich betont, dass Studienbeiträge für vieles, aber nicht für zusätzliche Wissenschaftler eingesetzt werden könnte. „Dadurch würde sich lediglich die Lehrkapazität der Uni erhöhen und mehr Studierende aufgenommen werden“, sagt der AStA-Vorsitzende Tom Münster. „Die Qualität der Lehre wird dadurch nicht verbessert.“

Innerhalb der Professoren-Fraktion, die mit zwölf Senatsmitgliedern bei Einigkeit jeden Antrag durchwinken kann, stößt die derzeitige Strategie des Rektorat daher nicht auf ungeteilte Gegenliebe. Einige Dozenten ließen durchblicken, dass sie sich gegen den Antrag stellen werden. Im letzten Jahr scheiterte der studentische Antrag zu einem endgültigen Verzicht auf Studiengebühren knapp mit zehn gegen elf Stimmen.

Auch bei einer kürzlich durchgeführten Telefonaktion der Westfälischen Nachrichten gehörten die Professoren zur Verwunderung der alles andere als links angehauchten Redaktion zu den schärfsten Gebühren-Kritikern. Kommt es also heute in der ehemaligen Kaserne tatsächlich zur Abstimmung, ist für die Studierenden der mittlerweile größten unter den noch gebührenfreien Unis Deutschlands noch nicht alles verloren: Auch das Technische Hilfswerk übt auf dem Gelände schließlich nur die Katastrophe. RALF GÖTZE