EU will Ägypten helfen

REAKTIONEN Die EU begrüßt Mubaraks Rücktritt. US-Präsident Obama war vorab informiert

Als erste reagiert die EU. Mubarak habe „die Stimme des ägyptischen Volkes“ erhört, sagt Catherine Ashton

WASHINGTON/JERUSALEM/ BERLIN taz/dpa/dapd | Eine allzu rühmlich Figur, darüber sind sich viele Demonstranten in Kairo und anderen ägyptischen Städten einig, hat die Europäische Union während der Massenproteste in Ägypten nicht abgegebben. Immerhin: Nachdem der Rücktritt von Präsident Husni Mubarak bekannt wird, ist die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton die erste, die reagiert: Sie äußert „Respekt“ für den Schritt Mubaraks. Der Präsident habe „die Stimme des ägyptischen Volkes“ erhört, sagt sie. Mit diesem Schritt öffne Mubarak „den Weg für schnellere und tiefgreifendere Reformen“. Der Dialog über einen politischen Übergang müsse nun beschleunigt werden und zu einer Regierung auf breiter Basis führen, die den Hoffnungen der Bevölkerung Respekt schenken und Stabilität bringen müsse. Die EU sei dazu bereit, Ägypten dabei zu helfen.

Schnell sind auch die dewutschen Grünen. Während die angekündigte Erklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel noch auf sich warten lässt, begrüßen Fraktionschef Jürgen Trittin und die Außenpolitikerin Kerstin Müller den Rücktritt Mubaraks als großartigen Erfolg der Demokratiebewegung in Ägypten.

Die Demonstranten seien friedlich geblieben und hätten sich nicht entmutigen lassen. Nun werde es darauf ankommen, dass der Militärrat zur Bildung einer Übergangsregierung beitrage. Alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte müssten darin vertreten sein. „Deutschland und die Europäische Union müssen nun den Aufbau demokratischer Strukturen und die Stärkung der Zivilgesellschaft aktiv voranbringen“, erklären die beiden Grünen.

Obama vorab informiert

US-Präsident Barack Obama ist weniger schnell, wurde aber, wie US-Sender am Freitag berichten, vorab über der bevorstehenden Rücktritt Mubararaks informiert. Da sieht die Welt – und das Standing der USA – schon viel besser aus als am Abend zuvor. Kurz nach Mubaraks Fernsehansprache hatte Obama eine vier Absätze lange Erklärung. Daraus spricht blanke Enttäuschung, gepaart mit der Angst vor den kommenden Ereignissen. Barack Obama: „Die ägyptische Regierung muss einen glaubwürdigen, konkreten und unmissverständlichen Weg zu authentischer Demokratie gehen. Das hat sie bislang nicht getan.“ Weiter: „Die Regierung darf nicht mit Repression oder Brutalität auf das Bestreben ihres Volkes antworten.“

Am deutlichsten wurde der Mangel an Insiderwissen über die realen Verhältnisse in Kairo am Tag der weltweit live übertragenen Ansprache Mubaraks. Mehrere Stunden zuvor erklärt in Washington der Direktor der CIA vor einer mit GeheimdienstexpertInnen besetzten Kommission des Kongresses, Mubarak werde am Nachmittag vermutlich zurücktreten. Leon Panetta sprach von einer „hohen Wahrscheinlichkeit“ und bezeichnete den Rücktritt als „bedeutsam für die geordnete Transition“ in Ägypten. Wenige Stunden später verlautete aus der CIA, die Quelle des Chefs des mächtigsten Geheimdienstes der Welt seien Medien.

Umdenken in Israel?

Die israelischen Reaktionen auf den bevorstehenden Abgang des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak lassen nur zwei Konsequenzen zu: Entweder es wird viel besser, oder es wird ganz schlimm werden. Von den „weichen Knien“ der Israelis spricht Verteidigungsminister Ehud Barak, während der stellvertretende Ministerpräsident Silvan Schalom bereits die nächste Blockade des Suezkanals voraussieht. „Die Israelis verstehen nicht, dass sich der Aufstand in Ägypten nicht zwingend gegen einen Frieden mit Israel richtet“, kommentierte hingegen Yoel Marcus von Ha’aretz.

Je deutlicher sich der sichere Abgang des ägyptischen Präsidenten abzeichnet, desto stärker ist man indes auch in Jerusalem zum Umdenken bereit. Anfangs propagierte man das Festhalten an Mubarak, der immerhin einen „30-jährigen Frieden mit Israel“ möglich machte, wie Staatspräsident Schimon Peres mit Nachdruck feststellte. Inzwischen findet Barak, dass „die Welt die Veränderungen in Ägypten ermutigen sollte“, allerdings müsse dabei aufgepasst werden, dass das Land nicht „in die Hände der Extremisten falle“.

Zwei Tage nach der Vereidigung einer neuen Regierung in Jordanien haben am Freitag rund 400 Demonstranten den Rücktritt von Ministerpräsident Maruf al-Bachit und neue Wahlen gefordert. Auf einer weiteren Demonstration forderten Anhänger der Muslimbrüder den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. „Husni Mubarak, verschwinde, die arabische Welt steht in Flammen!“, riefen sie.

Polizei in Algerien

In Algerien allerdings hat die algerische Staatsspitze vor der geplanten Massendemonstration von Regimegegnern tausende zusätzliche Sicherheitskräfte in die Hauptstadt beordert. Die Polizisten seien „bis an die Zähne“ bewaffnet, am Freitag seien sie an Bord von Hunderten Bussen und Lastern in Algier eingetroffen, berichtete die algerische Tageszeitung El Watan im Internet. Auch vor einem Krankenhaus und dem Pressezentrum seien etliche „kampfbereite“ SicherheitskrÀfte aufgefahren. Offensichtlich, um die Journalisten vor der nicht genehmigten Demonstration an diesem Samstag einzuschÃchtern, kommentierten Reporter vor Ort.

DOR, SK,