Schwarz-grüne Koalition geplatzt

Ein seit Jahren umstrittenes Bauprojekt sprengt das wenige Monate junge Rathausbündnis in Oldenburg

HANNOVER taz ■ Nach nur 77 Tagen ist die erste schwarz-grüne Koalition in Oldenburg am Streit um ein Einkaufszentrum zerbrochen. „Wer schon in den Flitterwochen fremdgeht, hat jedes Vertrauenspotenzial verspielt“, sagte die Chefin der grünen Ratsfraktion, Anne Lück. Die CDU habe mit ihrem plötzlichen Ja zum Bau einer Shopping-Mall des Hamburger Projektentwicklers ECE in der Innenstadt alle Abmachungen gebrochen.

Am Montag hatte eine Versammlung von Parteimitgliedern das Ende von Schwarz-Grün in der niedersächsischen 160.000-Einwohner-Stadt mit nur einer Nein-Stimme besiegelt. Es gehe um die „Glaubwürdigkeit“ ihrer Partei, betonte Lück.

Bei den Kommunalwahlen im September hatte der parteilose CDU-Kandidat Gerd Schwandner mit einem Wahlaufruf der Grünen den SPD-Amtsinhaber vom Sockel gestoßen. Großes Wahlkampfthema war die Shopping-Mall gewesen. Erst seit der Kandidatur Schwandners hatte sich die CDU gegen das umstrittene Projekt ausgesprochen. „Das ECE-Center ist überflüssig wie ein Kropf“, hatte Schwandner stets betont. Von 1984 bis 1992 war der Chirurg Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg, später Kulturstaatsrat in Bremen gewesen – damals noch als Grünen-Mitglied. „Es steht jedem frei, über Oldenburg hinaus zu denken“, hatte Schwandner nach seiner Wahl in Anspielung auf künftige schwarz-grüne Bündnisse auf Landes- und Bundesebene gesagt.

Noch im November wurde im Koalitionsvertrag festgehalten, das ECE werde „in Oldenburg nicht gebaut, weil es weder am Schloss und noch weniger an anderen, innenstadtfernen Standorten vertretbar ist“. Fünf Wochen später stimmte die CDU im Stadtrat für eine abgespeck- te Version des 90-Millionen-Euro-Projekts. „Das ist kein Sinneswandel“, sagte Schwandner. Das modifizierte Projekt passe ins Stadtbild. In den kommenden acht Jahren seiner Amtszeit will er nun mit wechselnden Mehrheiten regieren. „Primärer Ansprechpartner“ ist für ihn aber künftig die CDU.

„Verulkt“ von den Schwarzen fühlt sich der Chef der Landes-Grünen, Raimund Nowak. Oldenburg werde nicht dazu beitragen, die Wahlbeteiligung bei den nächsten Kommunalwahlen zu erhöhen. Zudem mache das Ende des Bündnisses deutlich, „dass Koalitionen nicht von Farben, sondern von Inhalten abhängen“.

In anderen Städten regieren schwarz-grüne Koalitionen indessen weiter, so in Göttingen, Kiel, Frankfurt am Main oder Essen. In Tübingen rief die CDU sogar zur Wahl eines grünen Oberbürgermeisters auf. In Niedersachsen hingegen ist derzeit Jamaika im Trend: Schwarz, Gelb und Grün koalieren seit den Kommunalwahlen in Wilhelmshaven und Cuxhaven.

KAI SCHÖNEBERG