Kevin nicht allein – weitere Kinder betroffen

Innenrevisor Gisbert Tümmel stellt gravierende Mängel in der Arbeitsweise von Kevins Sozialarbeiter fest

Der Innenrevisor des Amtes für Soziale Dienste, Gisbert Tümmel, entdeckte 15 weitere Akten von Kindern, bei denen dringend notwendige Hilfsmaßnahmen unterblieben. Er war nach dem Fund von Kevins Leiche damit beauftragt, alle 79 Akten des zuständigen Fallmanagers zu prüfen und wurde gestern vom parlamentarischen Untersuchungsausschuss dazu befragt.

Tümmel stellte in seinem Bericht gravierende Mängel in der Aktenführung und Arbeitsweise des Fallmanagers fest. Viele Dokumente waren doppelt vorhanden, vorgegebene Formblätter waren unvollständig ausgefüllt und Akten nicht ordnungsgemäß weitergeleitet worden. Sobald die Kinder das Alter von 12 Jahren überschritten und damit nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich des Sozialarbeiters fielen, wurden ihre Akten nicht mehr von ihm bearbeitet. Der Fallmanager habe zudem durchgängig Angaben Dritter vertraut und sich kein eigenes Bild von der Situation der Kinder verschafft. Er sei immer nur dann aktiv geworden, wenn andere Ämter oder SozialarbeiterInnen an ihn herangetreten seien. Je komplexer der Fall, so Tümmel, desto mangelhafter die Bearbeitung seitens des Fallmanagers.

Wie es möglich war, dass dieser über Jahre hinweg so chaotisch arbeiten konnte, ohne dass es jemandem auffiel – trotz wöchentlicher Konferenzen sowie der Dienstaufsichtspflicht der Sozialbehörde – konnte auch Tümmel nicht beantworten. Das Amt sei über sich selbst erstaunt. Die sonst üblichen Regelprüfungen hätten im Sozialdienst für junge Menschen „nicht stattgefunden“, weil die Prüfungen anlässlich konkreter Beschwerden so häufig vorkamen, sagt Tümmel. Bei Stichproben wäre eventuell aufgefallen, dass der Sozialarbeiter sogar Polizeiberichte über unhygienische Wohnverhältnisse und plötzlichen Kindstod in einer anderen Familie ignorierte. Tümmel selbst hatte nach seiner Revision einige der schwierigen Fälle an andere Sozialarbeiter weitergeleitet. Von den restlichen Akten sei anzunehmen, dass sie jetzt von der Nachfolgerin von Kevins-Fallmanager bearbeitet würden. Weitere Maßnahmen, zum Beispiel zur Verbesserung der internen Kommunikation, seien ihm noch nicht bekannt.

Nina Kim Leonhardt