Der beraubte Regisseur

Es sei wie in einem schlechten Film, war der wohl meistzitierte Satz des Frankfurter Regisseurs Cyril Tuschi angesichts der Tatsache, dass ihm Ende vergangener Woche die Endfassung seines Dokumentarfilms „Khodorkovsky“ entwendet wurde. Tuschi ist ein deutscher Regisseur mit russischstämmigen Vorfahren, sein Film „Khodorkovsky“ über den „Erzfeind“ Putins, den einstigen Oligarchen und heutigen Sträfling Michail Chodorkowski, wird auf der Berlinale präsentiert.

Da es sich bei Cyril Tuschi um einen relativ unbekannten 41-jährigen Frankfurter handelt, der bislang mit lediglich einem Spielfilm, „SommerHundeSöhne“, in Erscheinung getreten war, klingt das Szenario des schlechten Films, in dem er von kriminellen Kräften verfolgt wird, zunächst ein wenig nach der „Maus, die brüllte“. Nun hat Cyril Tuschi selbst verlauten lassen, den Vorfall nicht instrumentalisieren zu wollen. Wer seinen Film gesehen hat, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Einbruch und das damit verbundene Gefühl der Bedrohung dennoch gewissermaßen ins Konzept passen. Schließlich inszeniert sich Tuschi in „Khodorkovsky“ selbst ein wenig als eine Art Michael Moore auf den Spuren des russischen Oligarchentums und eines Machtkomplotts des KGB. Er zeigt sich als Autodidakt, der sein Thema ganz zu „seiner“ Sache macht, es nie vermeidet, „ich“ zu sagen, und auch noch die Krisen des eigenen Arbeitsprozesses andeutet.

Die Idee zum Film sei ihm gekommen, so Tuschi in einem Interview mit der russischen Zeitung Kommersant, als er 2005 mit „SommerHundeSöhne“ zu einem Festival ins sibirische Chanty-Mansijsk eingeladen worden war. In der Stadt, die vom Ölreichtum geprägt ist, habe man ihm von Chodorkowski erzählt, der damals bereits im Gefängnis saß. Fünf Jahre hat Tuschi mit Materialsammeln verbracht, bis er den Fall Chodorkowski von seinen Anfängen im Komsomol bis zu seiner „freiwilligen“ Festnahme zusammenfassen konnte. Von der bewusst „naiven“ Haltung des Filmemachers allerdings profitiert sein Film nicht. Ein Coup ist Tuschi allerdings gelungen: Er hat Chodorkowski selbst vor die Kamera bekommen.

BARBARA SCHWEIZERHOF