Chávez: „Vaterland, Sozialismus oder Tod“

Venezuelas Präsident für dritte Amtszeit vereidigt. Kursverluste an der Börse wegen geplanter Verstaatlichungen

Mexiko taz ■ „Vaterland, Sozialismus oder Tod! Ich schwöre es bei Christus, dem größten Sozialisten der Geschichte. Ich schwöre es vor Gott, bei allen Dollar, Lieben und Hoffnungen.“

Hugo Chávez ließ es zu Beginn seiner dritten Amtszeit nicht an Pathos mangeln. Die „wundervolle Verfassung“ Venezuelas erlaubte ihm die direkte Wiederwahl zum Präsidenten. Am 6. Dezember hatte er 63 Prozent der Stimmen bekommen.

Chávez hatte bereits bei der Vereidigung seines Kabinetts am Montag weitere Verstaatlichungen bei Stromversorgung und Telekommunikation angekündigt. Dafür will er der Nationalversammlung ein „revolutionäres Vollmachtsgesetz“ vorlegen. Es soll bereits fast vollständig ausgearbeitet sein.

Die erheblichen Aktienkursverluste, die die betroffenen Unternehmen seit Montag erlitten hatten, kommentierte Chávez mit den Worten: „Die Börse in Caracas mag fallen, Venezuela nicht.“ Allerdings erholten sich die Kurse wieder, nachdem ein Regierungsmitglied des Finanzausschusses Entschädigungen für mögliche Verstaatlichungen angekündigt hatte.

Da Chávez im Parlament ohnehin die Mehrheit hat, wird die Verabschiedung der Verstaatlichungsgesetze keine Schwierigkeiten machen. Die Parlamentsvizepräsidentin, Desirée Santos Amaral, signalisierte bereits die Zustimmung der Kammer und nannte es „absolut normal“, dass die Nationalversammlung „die Ermächtigung beschließen wird.“

Chávez hatte sich bereits zweimal vom Parlament Sondervollmachten einräumen lassen. Im Februar 1999 ermächtigte ihn das Parlament für sechs Monate, den Staatshaushalt zu sanieren. Und im November 2000 verabschiedete die Nationalversammlung ein Ermächtigungsgesetz, das es ihm erlaubte, innerhalb eines Jahres eine unbeschränkte Anzahl von Gesetzen im Bereich der Wirtschafts- und Industriepolitik sowie zum Umbau der Verwaltung ohne Billigung des Parlaments zu erlassen. Kurz vor Auslaufen des Gesetzes hatte Chávez tatsächlich 49 Gesetzesdekrete erlassen, darunter das neue Erdölgesetz. Es reduzierte den Höchstanteil ausländische Beteiligungen auf 50 Prozent und verdoppelte die Gebühren auf das geförderte Öl. Ein Landgesetz ermöglichte die Umverteilung von Landbesitz.

Zwischen Februar 1999 und November 2000 hatte Chávez das Parlament und den Obersten Gerichtshof entmachtet. Die neue Verfassung, Mitte Dezember 1999 verabschiedet, erlaubt die direkte Wiederwahl des Präsidenten und verlängerte auch die Amtszeit. Das Zweikammerparlament wurde durch eine Nationalversammlung mit 165 Mitgliedern ersetzt. JÜRGEN VOGT