US-Luftangriffe in Somalia

Bombardierungen mutmaßlicher Al-Qaida-Führer im Süden Somalias fordern zahlreiche zivile Opfer. Luftangriffe sollen weitergehen, „bis kein Terrorist überlebt“, sagt Somalias Übergangsregierung

VON DOMINIC JOHNSON

Zum ersten Mal seit dem schmählichen Rückzug der US-Armee aus Somalia 1993 haben die USA direkt militärisch in Somalias Krieg eingegriffen. Die US-Luftwaffe bombardierte das Dorf Badel in der Gemeinde Hayow im Süden des Landes nahe der kenianischen Grenze, wo sie militante Islamisten und sogar die Führer von al-Qaida in Ostafrika vermutete. Nach ersten Berichten kamen mindestens 30 Menschen ums Leben; ob die gesuchten Al-Qaida-Führer darunter waren, konnte nicht bestätigt werden. Sechs Opfer waren Angehörige einer Familie, die gerade Hochzeit feierte.

„Viele Menschen sind getötet worden“, bestätigte Somalias Regierungssprecher Abdirahman Dinari. „Viele Leichen liegen in der Gegend herum, aber wir wissen nicht, welche. Doch der Angriff war ein Erfolg.“ Übergangspräsident Abdullahi Yusuf, der erst am Montag die somalische Hauptstadt Mogadischu zum ersten Mal seit seiner Amtseinführung 2004 betreten hatte, rechtfertigte die US-Luftangriffe in seiner ersten Pressekonferenz gestern. „Die Amerikaner haben das Recht, Mitglieder von al-Qaida anzugreifen, wo auch immer sie sich befinden“, sagte Yusuf. Seine Regierung sei vorab informiert worden.

Yusufs Regierung hatte Ende 2006 dank einer äthiopischen Militärintervention die Kontrolle über Süd- und Zentralsomalia erlangt und residiert jetzt in Mogadischu. Die USA spielten bei der äthiopischen Offensive eine wichtige Rolle, indem sie Äthiopien Satellitenaufklärung zur Verfügung stellten. US-Spezialkräfte sollen seit längerem im kenianisch-somalischen Grenzgebiet aktiv sein, in das sich islamistische Kämpfer zurückgezogen haben sollen; Kenias Militär hat die Grenze abgeriegelt.

US-Kriegsschiffe patrouillieren vor der südsomalischen Küste, darunter der Flugzeugträger „Eisenhower“, von dem aus Spionageflugzeuge aufsteigen und angeblich Satellitenaufnahmen der Al-Qaida-Führer an die Basis der US-Marine im Nachbarland übermittelten, von wo aus die Luftangriffe gestartet wurden. Bereits vorige Woche hatte Äthiopiens Luftwaffe im fraglichen Gebiet mutmaßliche islamistische Stellungen angegriffen, dabei allerdings ihre Ziele verfehlt und Zivilisten in Kenia getötet.

Insgesamt gab es am Montagabend sowie am Dienstag drei Luftangriffe, von denen unklar ist, ob sie alle von den USA ausgeführt wurden oder auch von Äthiopien. Neben Hayow wurden von Augenzeugen die Dörfer Afmadow und Kudha genannt. Afmadow wurde gestern nach diesen Berichten zum zweiten Mal von Kampfhubschraubern beschossen, deren Nationalität unklar war. Hayow und Afmadow liegen in einem von Nomaden besiedelten Savannengebiet 180 Kilometer von der Küste entfernt. Die anderen Zielorte befinden sich angeblich im sumpfigen Waldgebiet um Ras Kamboni im äußersten Süden Somalias sowie auf einer Inselgruppe vor der Küste, wo die letzten organisierten islamistischen Milizen vermutet werden.

Die US-Regierung bestätigte die Angriffe, aber weder ihre genaue Anzahl noch die Anzahl der eingesetzten Flugzeuge noch die Zielorte. Es gibt widersprüchliche Berichte darüber, an welchem Zielort sich welche gesuchten Al-Qaida-Führer aufgehalten haben sollen (siehe Kasten).

Die Bombardierungen sollen nach somalischen Regierungsangaben nicht die letzten gewesen sein. „Die Islamisten verstecken sich in dichtem Wald, und nur Schläge aus der Luft werden sie dort ausradieren“, sagte Informationsminister Ali Ahmed Jana. „Die Angriffe dauern an und werden weitergehen, bis kein Terrorist überlebt.“

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