Siechtum bei Juwi

SCHIEFLAGE Vorzeigeunternehmen der Energiewende baut 400 von 1.500 Stellen ab und setzt auf Investor

BERLIN taz | Eines der großen Unternehmen für erneuerbare Energien ist in Schieflage geraten: Juwi, Projektierer hauptsächlich für Wind- und Solarparks mit Sitz im rheinland-pfälzischen Wörrstadt, streicht 400 seiner weltweit 1.500 Stellen, allein 250 davon in Deutschland. „So schmerzhaft die jetzigen Maßnahmen auch sind: Wir haben angesichts der widrigen Umstände keine Alternative“, teilten die Unternehmensgründer Fred Jung und Matthias Willenbacher nach einer Mitarbeiterversammlung am Dienstag mit.

Das 1996 gegründete Unternehmen war zunächst kontinuierlich gewachsen, seit 2012 deuten sich jedoch Probleme an. 2013 ging der Umsatz um 30 Prozent auf 710 Millionen Euro zurück. Juwi stellt selbst keine Solaranlagen, Windräder oder Biogasanlagen her. Die Firma kauft die Maschinen, entwickelt die Kraftwerke, betreibt und wartet sie später. Das Geschäftsmodell galt lange Zeit als relativ sicher: Bisher waren in Deutschland vor allem die Hersteller von Solaranlagen in die Pleite gegangen.

Als Gründe führt das Unternehmen vor allem das schlechte Geschäft in Deutschland an: 2012 ist die Förderung für großflächige Solaranlagen ab 10 Megawatt komplett gestrichen worden, 2014 könnte insgesamt das schlechteste Jahr der Branche werden. Dafür wird das Geschäft internationaler: Juwi steht nach eigenen Angaben kurz vor der Fertigstellung großer Wind- und Solarparks beispielsweise in Uruguay, Südafrika, USA oder Großbritannien. Damit wird das Unternehmen von einer Entwicklung getroffen, die auch anderen Projektierern zu schaffen macht: Deutschland ist als Markt für erneuerbare Energien international unwichtiger geworden.

Juwi steht aber auch vor hausgemachten Problemen: Gegen Firmengründer Willenbacher läuft ein Strafverfahren; es geht um Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Der ehemalige Thüringer Innenminister Christian Köckert war gleichzeitig Berater von Juwi und ehrenamtlicher Beigeordneter und Mitglied der regionalen Planungsversammlung für Windkrafträder der Stadt Eisenach.

Zudem haben sich einige Investitionen als Fehlschlag erwiesen. So will Juwi die Sparten für Windenergie-Türme und den Stromvertrieb aufgegeben.

Nun kündigt die Firma den Einstieg eines Investors an und folgt damit dem Beispiel Solarworld – der letzte große Hersteller von Solarmodulen in Deutschland hat sich nur durch eine Finanzspritze aus Katar retten können. INGO ARZT