„Geisel RAG befreien“

Die designierte SPD-Landeschefin Hannelore Kraft verteidigt vor den Berliner Kohle-Gesprächen ihr Konzept vom Sockelbergbau. Die CDU müsse ihre Energiepolitik überdenken, fordert sie

INTERVIEW MARTIN TEIGELER

taz: Frau Kraft, in Berlin wird ab heute wieder über die Steinkohle verhandelt. Verhindern Sie eine Einigung?Hannelore Kraft: Nein, das sehe ich nicht. Wir haben eine klare Position. Die CDU will eine Veränderung der Situation. Dafür nimmt Ministerpräsident Rüttgers die RAG und die Kohlekumpel in Geiselhaft. Da machen wir nicht mit.

Sie wollen am 20. Januar in Bochum zur neuen SPD-Landesvorsitzenden gewählt werden. Einen Kompromiss oder eine Niederlage beim symbolträchtigen Steinkohlestreit können Sie sich im Vorfeld des Landesparteitags nicht erlauben, oder?Das hat nichts miteinander zu tun. Die Gegenseite hat ein Problem, weil die CDU Abmachungen zur Kohle bis 2012 nicht einhalten will. Gerade angesichts der aktuellen Entwicklung sollte die CDU ihre Linie noch einmal überdenken. Der Stopp russischer Öllieferungen nach Mitteleuropa zeigt, dass wir Energiesicherheit brauchen – und dazu gehört auch die heimische Steinkohle. Angela Merkel hat ja bereits gesagt, dass sie die Abhängigkeit von Energieimporten zum Thema der deutschen EU-Ratspräsidentschaft machen will.

Sie warten also ab, dass die verunsicherte CDU kippt und beharren auf dem Plan für einen Sockelbergbau?Die CDU sollte noch einmal genau nachdenken. Unser Konzept ist und bleibt der Sockelbergbau. Man muss energiepolitisch genau hinschauen. Wir müssen den Zugang zu den Kohle-Lagerstätten offen halten – unserem einzigen heimischen Energieträger. Das hat mit Energiesicherheit zu tun und mit einer Perspektive für die international stark nachgefragte deutsche Bergbautechnologie. Die SPD steht geschlossen hinter diesem Konzept.

Sie rechnen also nicht mit einem schnellen Kompromiss?Das wird sehr schwierig werden. Derzeit stehen sich beide Positionen kontrovers gegenüber. Deshalb bleibt es vorerst bei den Vereinbarungen zur Steinkohle bis 2012.

2007 aber will die RAG mit ihrem „weißen Bereich“ aus Chemie, Energie und Immobilien an die Börse. Verhindert Ihre harte Haltung die RAG-Aktie?Nein. Wenn alle Seiten es wollen, ist ein Börsengang der RAG unabhängig von einer Entscheidung über die Zukunft der Steinkohle-Förderung möglich. Man muss vorher die Rahmenbedingungen klären. Mir ist es sehr wichtig, dass die wirtschaftliche Entwicklung dieses Konzerns nicht gefährdet wird.

FDP-Landeschef Andreas Pinkwart behauptet, Sie gefährden Jobs im „weißen Bereich“ der RAG.Das ist Unsinn. Gefahr geht nur von Jürgen Rüttgers aus, weil er eine Veränderung will und dafür die RAG als Geisel nimmt. Im Bund hat er politisch keine Mehrheit und greift deshalb zu solchen Mitteln. Wir machen das aber nicht mit.

Wenn es bei den Verhandlungen keine Einigung gibt, wann dann? Im nächsten Jahrzehnt?Ich hoffe, dass es irgendwann eine ganz klare Linie gibt im Sinne und für die Bergleute. Und auch im Sinne der RAG, damit sie bald aus der Geiselhaft von Ministerpräsident Rüttgers befreit wird.