Pleitestadt ohne Leuchtturm

Ein SPD-Abgeordneter glaubt, dass Berlin im Exzellenzwettbewerb der Hochschulen ausgebremst wurde, weil es arm ist. Jury habe bewusst reiche Länder begünstigt

Durfte die Freie Universität nur deshalb nicht Eliteuniversität werden, weil sie in Berlin steht? Der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Swen Schulz wird diesen Verdacht nicht mehr los, seit er sich genauer mit der ersten Runde im bundesweiten Exzellenzwettbewerb der Hochschulen befasst hat. „Die Entscheidung der Jury war nicht sachlich und wissenschaftlich, sie begünstigte einseitig reiche Bundesländer“, kritisiert der Parlamentarier. Weil der Berliner Haushalt die erforderte Kofinanzierung von 25 Prozent nur knapp aufbringen kann, vermutet Schulz, dass die wissenschaftliche Fachjury die Hauptstadt-Unis lieber gleich außen vorließ.

Grund für Schulz’ Argwohn ist ein Medienbericht vom Dezember, der aus internen Unterlagen zitiert, die es nahelegten, dass die Freie Universität wegen der finanziellen Misere Berlins nicht in der dritten Förderlinie berücksichtigt wurde. Die Gutachter nährten in dem Dokument Zweifel, dass die Pleitestadt Mittel nachhaltig einsetzen könne. Für Schulz, der im Ausschuss für Bildung und Forschung sitzt, eine grobe Ungerechtigkeit: „Es kann nicht sein, dass die den Zuschlag bekommen, die am meisten zu bieten hatten.“

Die bundesweite Exzellenzinitiative zur Förderung der Spitzenforschung startete 2006. Bis 2011 können sich die Hochschulen um insgesamt 1,9 Milliarden Euro zusätzliche Mittel aus drei Förderlinien bewerben. Bei der ersten Runde, die im Oktober entschieden wurde, erhielten die drei Berliner Unis Geld für Graduiertenkollegs und Exzellenzcluster. Doch in der Förderlinie zum Ausbau der Spitzenforschung punkteten nur München und Karlsruhe.

Schulz forschte beim Bundesforschungsministerium nach. Knapp antwortete man ihm, dass der Einfluss einzelner Kriterien auf die Entscheidung nicht nachvollziehbar sei. Man halte die Forderung nach einer „gesunden finanziellen Basis der Hochschule“ aber für „sachgerecht“. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft weist die Vorwürfe zurück. „Für den passenden Finanzrahmen müssen die Hochschulen schon vor der Bewerbung sorgen“, sagt die Pressereferentin Cornelia Pretzer. „Bei der Auswahl ist allein die wissenschaftliche Qualität der Anträge entscheidend.“

Anja Schillhaneck, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen, fordert hingegen Chancengleichheit für Berlin. „Befürchtungen, dass Berlin die Exzellenzmittel nicht dauerhaft binden kann, sind legitim“, sagt sie. „Aber das zur Grundlage für Entscheidungen zu machen wäre diskriminierend.“ Für die am Freitag beginnende zweite Runde sieht sie dennoch gute Chancen: „Unsere Unis sind unterfinanziert, aber nicht schlecht.“

Nina Apin