Pop im Brauhaus?

Mit der Ankündigung über die „Music Mall“ steigen in Dortmund die Spekulationen über eine Nutzung des alten Union-Hochhauses

VON CHRISTIAN WERTHSCHULTE

„Bier, Borussia und Boa“ wurde früher gerne über das Kulturleben der Stadt Dortmund gespöttelt. Daher scheint es nur passend, wenn immer noch über eine popkulturelle Nutzung der ehemaligen Union-Brauerei in der Nähe des Hauptbahnhofs spekuliert wird. Schon im November sickerten Pläne durch, in der Nähe der Innenstadt eine „Music Mall“ mit Aufnahmestudios und Proberäumen zu errichten. Auch Musikhändler und Konzertveranstalter sind gern gesehene Mietinteressenten, zumindest nach den Plänen von Kulturdezernent Jörg Stüdemann (SPD). Nur am Rande denke man über eine Popakademie nach dem Vorbild Mannheims nach, wiegelte er eine entsprechende Meldung der Westfälischen-Rundschau vom letzten Wochenende ab. Diese hatte berichtet, dass die Baden-Württemberger eine Zweigstelle in Dortmund planen. Stüdemann betonte, dass es nun zuerst von Wichtigkeit sei, eine „Start-Up Situation“ zu schaffen. Daher führe die Stadt zur Zeit, „wie in der Inkubationssituation üblich“, eine Reihe von Gesprächen.

Am runden Tisch soll dann auch die Frage geklärt werden, ob sich die Stadt an einem größeren Veranstaltungsraum für Konzerte beteiligen wird. Standort könne das ungenutzte Brauerei-Gebäude sein, das sich im Moment jedoch nicht im Besitz der Stadt befindet. Von daher scheint es wenig verwunderlich, wenn sich Stüdemann über einen möglichen Standort bedeckt hält, um die Preisspirale nicht nach oben zu treiben.

Das Gär- und Lagerhochhaus, 1926 als erstes Hochhaus Dortmunds erbaut, steht seit dem Umzug der fusionierten Union-Brauerei an den Stadtrand 1994 leer. Schon seit längerem wird in der Stadt über eine kulturelle Nutzung, so als alternativer Standort für das Museum am Ostwall spekuliert.

Unabhängig vom Standort hat die Wirtschaftsförderung Dortmund schon Unterstützung für das Projekt signalisiert und ein Gutachten in die Wege geleitet, dass die Bedeutung der Musikwirtschaft für Dortmund beziffern soll. Die Kosten der „Music Mall“ liegen jedoch noch im Dunkeln. „Für die Finanzierung hoffen wir auf Gelder aus dem Ziel-2 Programm der EU“, erklärte Udo Mager, der Leiter der Wirtschaftsförderung. Der Nachteil: 2007 werden diese Gelder für ganz NRW ausgeschrieben – eine verschärfte Konkurrenzsituation für die Dortmunder. Mager gibt sich dennoch zuversichtlich: „Wir haben gute Projekte.“

Die Musikszene Dortmunds beobachtet das Projekt auf jeden Fall gespannt. „Der Bandkultur der Stadt wird das gut tun“, meint 1Live-DJ Klaus Fiehe. Viele Veranstaltungsplätze für Konzerte sind in den letzten Jahre verloren gegangen, die „großstädtische Provinz“ Ruhrgebiet sei von der Medienstadt Köln abgehängt worden. Carsten Helmich, langjähriger Konzertveranstalter und Betreiber des Jazzclubs „Domicil“ sieht jedoch Licht am Ende des Tunnels: „Vielleicht gelingt es Dortmund, eine größere Rolle zu spielen, zumal Köln mit dem Weggang der Spex an Bedeutung für die Musikindustrie verliert.“ Doch so ganz will er den Versprechungen der Dortmunder Kulturverantwortlichen nicht über den Weg trauen: „Die Stadt Dortmund erzählt eine Menge.“ Entscheidend sei, dass die Music Mall nicht das Ende der Unterstützung kleinerer Projekte wie dem Elektro-Festival Juicy Beats bedeuten dürfe. Dieses befindet sich zur Zeit in Verhandlungen mit dem Jugendamt der Stadt Dortmund, das sich aus der Organisation des Festivals zurückziehen möchte. Das Juicy Beats wird als Treffpunkt für elektronische Musik weit über die Landesgrenzen hinaus geschätzt. Es bleibt abzuwarten, welche Richtung die künftige Europäische Kulturhauptstadt „als Stadt der Musik“ einschlagen wird.