„Ich habe Unrecht getan“

BERLIN taz ■ Stunden nach seiner Ernennung brach Stanisław Wielgus sein Schweigen und gab am Freitagabend eine Stellungnahme ab, die sich wie ein Schuldeingeständnis liest. Sie wurde als „Hirtenbrief des neuen Warschauer Metropoliten“ am Samstag in allen Warschauer Kirchen verlesen. Hier Auszüge:

„Der Heilige Vater, Benedikt XVI., hat mich als Oberhaupt der Warschauer Erzdiözese zu euch geschickt. Aus gesundheitlichen Gründen wollte ich dieser Ernennung ausweichen. Ich habe dem Heiligen Vater meinen Lebensweg geschildert, einschließlich des Teils meiner Vergangenheit, die meine Verstrickung bei den Kontakten mit den damaligen Sicherheitsbehörden betrifft, die in einem der Kirche feindlich gesinnten Staat unter totalitären Bedingungen aktiv waren. Ich hatte seinerzeit den Wunsch, für mich wichtige wissenschaftliche Studien zu absolvieren, und geriet in diese Verstrickung ohne die erforderliche Umsicht, Courage und Entschlossenheit zur Aufgabe dieser Kontakte walten zu lassen. Ich gestehe heute vor euch diesen vor Jahren begangenen Fehler ein, so wie ich es zuvor schon gegenüber dem Heiligen Vater getan habe.

Die in den letzten Tagen in den Medien umfassend veröffentlichten Berichte der damaligen politischen Polizei handeln überwiegend davon, was man von mir erwartete oder mir nahelegte. Sie handeln nicht davon, inwieweit ich diesen Forderungen nachgekommen bin. Sie weisen aber darauf hin, dass ich mich bemüht habe, die an mich gestellten Erwartungen nicht zu erfüllen. Es wird Aufgabe der Historiker sein, dies näher zu klären. […] Ich stelle aber heute mit voller Überzeugung fest, dass ich niemanden denunziert habe und bemüht war, niemandem Unrecht zu tun.

Doch allein schon durch die Tatsache dieser Verstrickung habe ich der Kirche Unrecht getan.

Und ich habe der Kirche erneut Unrecht getan, als ich die Tatsache dieser Zusammenarbeit geleugnet habe. Das hat die Glaubwürdigkeit von Äußerungen von Kirchenvertretern belastet, wozu auch Bischöfe zählen, die sich mit mir solidarisch erklärt haben. Brüder und Schwestern, ich bin mir bewusst, dass diese Unwahrheit für viele von euch eine nicht minder schmerzliche Tatsache darstellt als die damalige Verstrickung.“ TAZ