Letzte Hoffnungen bei BenQ verpuffen

Die Zeit läuft dem insolventen Handyhersteller davon. Das erhoffte Kaufangebot lässt auf sich warten

KAMP-LINTFORT taz ■ Die Szene war symptomatisch: Der Beamer, der die Pressekonferenz des Insolvenzverwalters Martin Prager aus München übertragen sollte, sendete um Punkt 12 Uhr nur Schleier: „Hier ist eh der Wurm drin. Das ist wohl in die Hose gegangen“, meint BenQ-Mitarbeiter Kai Tiesbürger. So war er wie alle Beschäftigten und Pressevertreter, die das Solidaritätszelt für den insolventen Handyhersteller in Kamp-Lintfort aufgesucht hatten, von den aktuellen Informationen aus der Zentrale abgeschnitten. Aber die waren ohnehin enttäuschend: Insolvenzverwalter Prager verkündete vor allem, dass ihm kein einziges konkretes Kaufangebot vorliege.

Seit Anfang Oktober habe er mit mehr als 100 Investoren Gespräche geführt, sagte Prager. Die Palette der Interessenten habe „von namhaften Branchenunternehmen über Finanzinvestoren bis zum Glücksritter“ gereicht. Auch jetzt noch rede er weiter mit potenziellen Käufern. Über die deutsch-amerikanische Investorengruppe, die nach Angaben des Betriebsrats noch in der Spur ist, wollte der Insolvenzverwalter nichts sagen. Immerhin erklärte er, er suche weiterhin nach einer „großen Lösung“, also nach jemandem, der das gesamte Unternehmen kaufen wolle. Das größte Problem bei den Verhandlungen seien der Wertverlust der Marken BenQ und BenQ/Siemens und der enorme Umsatzeinbruch gewesen. Für eine Sanierung seien Investitionen im dreistelligen Millionenbereich notwendig.

So schlimm hatten es sich viele der Zusammengekommenen nun doch nicht vorgestellt. „Es war immer damit gerechnet worden, dass es in den ersten Tagen nach der offiziellen Insolvenz ein Konzept gibt“, sagt der IG-Metall-Bevollmächtigte Ulrich Marschner. Ein wenig Hoffnung mache lediglich Pragers Kernaussage, dass noch „nicht alle Messen gesungen“ seien. Man dürfe sich aber nicht zu viel Zeit lassen, bloß weil man meine, die Mitarbeiter hätten ohnehin keine Alternativen.

Die Betriebsratsvorsitzende von BenQ in Kamp-Lintfort, Heike Deppner, glaubt schon jetzt kaum noch an eine Lösung. „Realistisch gesehen wird es natürlich schwieriger“, sagt sie. „Die Kollegen bewerben sich auf andere Jobs.“ Für einen Investor werde es damit immer schwerer, den Betrieb wieder aufzunehmen. Ganz aufgeben will Deppner jedoch immer noch nicht. Es sei schließlich nicht ausgeschlossen, dass es noch Angebote gebe.

Für Betriebsrat Michael Gerber ist die Sache gelaufen: „Dann wird wohl bald die Leichenfledderei beginnen.“ Sein Kollege aus dem BenQ-Gesamtbetriebsrat, Josef Michael Leucker, will nicht ausschließen, dass sich der Insolvenzverwalter womöglich nicht genug engagiert habe. „Was da im Detail gelaufen ist, da muss man Prager fragen. Das ist die große Unbekannte.“

Bei der Belegschaft löst die Nachricht Ernüchterung aus: „Nix Neues rausgekommen. Das heißt: weiter Bewerbungen schreiben“, meint Jörg Henke, der 10 Jahre hier gearbeitet hat – erst für Siemens, später für BenQ. „Prager will den Laden erst besenrein machen, da kommt noch was“, meint dagegen sein Kollege Frank Spengler. „Ich glaub nur noch Sachen, die ich schwarz auf weiß sehe“, sagt Silvia Richter. ALEXANDER FLORIE