Städte sollen Einkommensteuer bestimmen

FINANZEN Minister Schäuble schlägt vor, dass Kommunen die Steuer selbstständig erhöhen oder senken können. Und verhandelt mit Bund, Ländern und Gemeinden. Am Freitag tagt dazu eine Arbeitsgruppe

BERLIN taz | Die Reform der städtischen Finanzen stockt. Nun versucht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die blockierte Debatte mit neuen Ideen voranzubringen. In einem Brief, der der taz vorliegt, schlägt Schäubles Staatssekretär Hans Bernhard Beus vor, den Kommunen Mitsprache über die Höhe der Einkommensteuer einzuräumen. Dadurch könnten die Städte und Gemeinden ihre Einnahmen in begrenztem Umfang selbst steuern.

Schäuble verhandelt über die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden unter anderem deshalb, weil die FDP die Abschaffung der kommunalen Gewerbesteuer für Unternehmen verlangt. Außerdem sind viele Städte pleite. 2010 verbuchten sie mit rund 11 Milliarden Euro insgesamt das größte Defizit seit 60 Jahren. Sie brauchen mehr Geld – entweder von Bund und Ländern oder durch höhere eigene Einnahmen. Die Verhandlungen laufen, am Freitag tagt wieder die Steuerarbeitsgruppe der Gemeindefinanzkommission.

Ob Schäubles Vorschlag zur Einkommensteuer dazu beitragen würde, die finanzielle Situation der Städte zu entspannen, ist nicht klar. Funktionieren würde der Plan etwa so: Künftig würden die Städte 3 Prozent ihrer Einnahmen aus der Einkommensteuer der Bürger selbst steuern, indem sie einen eigenen Hebesatz erhielten. Damit könnten sie die Einkommensteuer leicht erhöhen oder senken. Weil große Summen hierbei jedoch nicht im Spiel wären, würde diese Neuregelung weder viel schaden noch nützen.

Anders sieht es aus bei der Absenkung der Gewerbesteuer, die Staatssekretär Beus ebenfalls zur Debatte stellt. Wenn Unternehmen künftig bestimmte Kosten wie Zinsen, Mieten und Leasinggebühren in größerem Umfang von ihrer Steuerschuld abziehen könnten, verlören die Gemeinden nach Berechnungen des Finanzministeriums rund 1,2 Milliarden Euro. Das freut die FDP, ärgert aber die kommunalen Spitzenverbände, die SPD-Länder und die Grünen im Bundestag. Deren kommunalpolitische Sprecherin Britta Hasselmann kritisiert: „Das wäre der Einstieg in den Ausstieg aus der Gewerbesteuer“.

Als Ausgleich für die Einnahmeausfälle bei den Kommunen bietet Beus an, die Körperschaftsteuer für Betriebe zu erhöhen oder den Städten einen höheren Anteil der Umsatzsteuer zu geben. Auch eine Beteiligung des Bundes an den steigenden Sozialausgaben der Kommunen ist im Gespräch. HANNES KOCH