Regio Berlin e. V.

Der Verein möchte eine eigene Währung für Berlin ausgeben. Die „Spreeblüte“ soll den Euro ergänzen

Termine: Mittwoch, 26. 1. 2011, 19 Uhr: Wie funktioniert die Spreeblüte? Konten, Scheine, Verrechnung Stiftung Nord-Süd-Brücken, Greifswalder Str. 33a, HH linker Seitenflügel 4. OG

Mittwoch 23. 2. 2011, 19 Uhr: Wem nützt die Spreeblüte? Teilnehmer, Kunden, Region Stiftung Nord-Süd-Brücken, Greifswalder Str. 33a, HH linker Seitenflügel 4. OG

Im Netz:

www.spreebluete.de

Selbst Geld drucken, davon haben doch alle schon einmal geträumt. Der Verein Regio Berlin will diesen Traum in die Praxis umsetzen. Nicht mit einer Notenpresse im Keller versteht sich, sondern ganz modern mit Onlinebanking. Spreeblüte soll die neue Währung heißen und so die Verbundenheit zur Region Berlin symbolisieren. Denn nur hier soll die Spreeblüte in einem noch zu gründenden Netzwerk aus Unternehmen und Privatpersonen als Tauschmittel dienen. Eine regional begrenzte „Ergänzungswährung“, wie Theophil Wonneberger, Vorstandsmitglied von Regio Berlin, betont. Zusammen mit Philipp Müller, der im Kuratorium des Vereins aktiv ist, erläutert er die Idee einer Regionalwährung im Gespräch mit der taz.

Beim Thema Geld ist Aufklärungsarbeit nötig, denn was vielen zuerst wie ein Schnapsidee vorkommen mag, ist in 27 Regionen Deutschlands bereits Realität. „Die Spreeblüte ist eine Währung, deren Wert auf der Leistung, also den Waren und Dienstleistungen, der teilnehmenden Unternehmen basiert, nicht auf hinterlegten Euros. Die Deckung entsteht dadurch, dass die Unternehmen versprechen, ihre Leistung zu einem gewissen Anteil gegen Spreeblüten zu verkaufen“, erklärt Wonneberger das neue Geldsystem.

Verwaltet und ausgegeben werden soll das neue Geld von einer demokratisch strukturierten Genossenschaft. „Ein Gremium der Genossenschaft, in der alle Teilnehmer Mitglied sind, gibt jedem Unternehmen ein Startkontingent, von dem Einkäufe getätigt werden können. Die Höhe des Kontingents richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Als Sicherheiten werden Gutscheine hinterlegt“, erklärt Müller, wie die Spreeblüte in Umlauf kommen soll. Eine Kopplung an den Euro ist geplant. Wenn zum Beispiel ein Bäcker entscheidet, 1.000 Brötchen à 50 Cent gegen Spreeblüten zu verkaufen, dann bekommt er entsprechend 500 Spreeblüten von der Genossenschaft. Die Deckung der Spreeblüten entsteht durch einen Gutschein, den der Bäcker hinterlegt. „Jeder bekommt so quasi einen Kredit“, bringt Philipp Müller es auf den Punkt. Der Clou: Es gibt keine Zinsen. Im Gegenteil, durch eine Nutzungsgebühr, die sich an der Höhe des eigenen Spreeblütenkapitals orientiert, wird das Halten von Spreeblüten mit Kosten belegt. Das ist gewünscht und soll die regionale Wirtschaft ankurbeln. Die Logik: Wenn ich nicht aus Geld mehr Geld machen kann, bin ich bestrebt, es schnell wieder auszugeben und so wieder in die Realwirtschaft zu investieren.

Aber den Mitgliedern von Regio Berlin geht es nicht nur darum, die Wirtschaft in Berlin anzukurbeln. Sie glauben auch, dass das Regiogeldsystem ökologischer und sozial verträglicher ist als unser jetziges Bankensystem. „Da weder Zinsen noch Zinseszinsen anfallen, kann man durch den Besitz von Geld allein kein weiteres Kapital hinzugewinnen. Dem weiteren Aufklappen der Schere zwischen Arm und Reich wird so entgegengewirkt“, begründet Müller den sozialen Nutzen. „Und da die Spreeblüte nicht gegen Zinsen herausgegeben wird, die zusätzlich zur Tilgung zurückgezahlt werden müssen, gibt es auch keinen Zwang zum Wachstum des Systems. Es müssen also nicht mehr Ressourcen verbraucht und CO2 erzeugt werden, als durch die echte Nachfrage der Kunden nötig ist“, weist Wonneberger auf mögliche ökologische Vorteile hin. Zudem würden durch die regionale Begrenzung kurze Transportwege und eine dezentrale Versorgung gefördert, was zusätzlich Ressourcen schone.

Bis die Spreeblüte den Beweis antreten kann, dass sie die Welt ein bisschen besser machen kann, gibt es aber noch viel zu tun. Das Projekt ist in der Vorbereitungsphase. „Die Genossenschaft soll noch dieses Jahr gegründet werden“, hofft Wonneberger. Eine erste Testphase für das Onlinebanking ist bereits geplant. Hierfür werden noch TeilnehmerInnen gesucht. Wobei es nicht allein auf die Anzahl ankommt, sondern auch auf eine möglichst vielfältige Angebotspalette aus Waren und Dienstleistungen. „Der springende Punkt ist,dass jeder die Chance haben muss, seine Spreeblüten auch wieder ausgeben zu können“, erklärt Müller.

Für die Umsetzung des Projekts wird noch professionelle, möglichst ehrenamtliche Unterstützung gesucht, besonders für die TeilnehmerInnenakquise und im IT-Bereich, Stichwort Onlinebanking. Aber auch AktivistInnen für eine Kampagne sind willkommen, da die neue Währung zuerst einmal bekannt gemacht werden soll. „Wir sind auch offen für Kooperationen, momentan planen wir eine Podiumsdiskussion zum Thema lokale Nachhaltigkeit mit der Initiative für nachhaltige Entwicklung“, so Wonneberger. Wer Interesse am Thema oder am neuen Geld bekommen hat, der sollte eine der kommenden Veranstaltungen des Vereins besuchen oder über dessen Webseite Kontakt aufnehmen. JAL