Gewerkschaft plädiert für Teilrente mit 60 Jahren

FLEXIBILITÄT Arbeiten und schon Altersgeld beziehen? Keine gute Idee, finden Union und Wirtschaft

„Vorschläge zur Teilrente mit 60 Jahren setzen falsche Signale“

KARL SCHIEWERLING, CDU

BERLIN taz/dpa | Die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) nach einem flexiblen Übergang in die Rente schon ab 60 Jahren hat ein geteiltes Echo ausgelöst. In der Union wurde scharfe Kritik laut, die SPD zeigte sich dagegen offen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach wies Vorwürfe zurück, dass die Gewerkschaften eine neue Frühverrentungswelle lostreten wollten.

„Uns geht es flankierend um tarifpolitische Instrumente, die besonders belasteten Arbeitnehmern den Übergang in Rente ohne Absturz ermöglichen“, sagte Buntenbach. Eine Frühverrentungswelle sei keineswegs das Ziel. Den Kritikern – speziell dem Wirtschaftsflügel der CDU – warf sie vor, „alle Modelle für mehr Flexibilität vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter von vornherein zu diskreditieren“.

Union und SPD haben vereinbart, mit den Tarifpartnern Regelungen für einen flexibleren Ausstieg aus dem Beruf auszuarbeiten – und zwar vor und nach dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters. Dazu soll eine Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeiten. Das Gremium kommt erstmals in dieser Woche zusammen.

Der DGB dringt darauf, im Zuge dieser Gespräche die Möglichkeiten zur Teilrente zu erweitern. Konkret sollen Beschäftigte künftig bereits mit 60 Jahren statt wie bisher mit 63 Jahren eine Teilrente beziehen können. Die Arbeitgeber lehnen dies ab.

Der sozialpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), forderte „realistische Vorschläge“. Dazu zählte er den DGB-Vorstoß nicht. „Vorschläge zur Teilrente mit 60 Jahren setzen falsche Signale und vermindern in aller Regel die Rentenansprüche“, sagte Schiewerling. „Der DGB sollte seine Glaubwürdigkeit nicht mit irrwitzigen Forderungen aufs Spiel setzen“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dem Münchner Merkur. In einer älter werdenden Gesellschaft die Rente mit 60 zu fordern sei wirklichkeitsfremd.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zeigten sich dagegen offen für das DGB-Modell. „Statt einer gesinnungsgetriebenen Debatte lohnt eine sachliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen, die Millionen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft“, sagte Fahimi: „Die Teilrente könnte Teil einer solchen Lösung sein.“

Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) bezeichnete eine generelle Herabsetzung des Renteneintrittsalters als falsch. Er plädierte für mehr Flexibilität statt für starre Regelungen.

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