Amazonen ohne Buch

Die einzige Fachbuchhandlung für feministische Literatur im Ruhrgebiet muss nach 28 Jahren schließen

In den Räumen des Bochumer Buchladens Amazonas wird morgen zum letzten Mal ein Buch über den Ladentisch gehen. Dann schließt das Geschäft, und ein Stück Frauen- und Lesbenkultur im Ruhrgebiet geht verloren. Amazonas, benannt nach dem historischen Matriarchat, ist der einzige Frauenbuchladen im Pott und zudem einer der ältesten Deutschlands. Im Oktober erst haben Inhaberin Ulrike Janz und ihre vier ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen das 28-jährige Jubiläum gefeiert. Bis zum Schluss halten die Frauen an ihren Prinzipien fest: Männer dürfen nicht in den Laden.

Es sei immer schon sehr schwierig gewesen, sich mit einem so speziellen Buchladen über Wasser zu halten, sagt Ulrike Janz. Sie bietet ihren Kundinnen Romane und Ratgeber von und für Frauen ebenso an wie Bücher über feministische Theorie und DVDs mit Lesben-Filmen. „Aber die Kundinnen haben heute weniger Geld als früher.“ Hinzu komme, dass die Uni- und Stadtbibliotheken nicht mehr so viele Bücher bestellten wie bisher. Die Bochumer Stadtbibliothek beziehe ihre Bücher kaum noch vom lokalen Buchhandel, sondern über eine Einkaufszentrale in Reutlingen.

„Die jungen Frauen zeigen heute auch wenig Interesse an feministischen Themen“, beklagt Janz. Ihre Stammkundinnen sind in der Regel über 40. Sie werden in Zukunft längere Strecken auf sich nehmen müssen, um Frauenliteratur zu kaufen. Die einzigen weiteren Frauenbuchläden in NRW sind in Aachen und Düsseldorf. Vor zwei Jahren musste die Kölner Frauenbuchhandlung Rhiannon das Aus bekannt geben. Ulrike Janz sieht trotzdem einen Silberstreifen am Horizont. Bei den ganz jungen Mädchen nehme sie wieder Interesse für den Feminismus wahr, sie seien nur noch nicht soweit, sich zu engagieren. Und sie sei und bleibe Feministin: „Ich werde selbstverständlich weiterhin frauen- und lesbenpolitisch tätig sein, nur beruflich etwas anderes machen.“

Männern den Zutritt zu ihrem Laden zu gewähren, war für Janz nie ein Thema. Die Erfahrungen anderer Frauen-Fachbuchhandlungen hätten gezeigt, dass ein gemischtes Publikum keine Lösung sei. Männer interessierten sich kaum für die angebotene Literatur. „Es ist generell klüger, sich zu spezialisieren“, sagt Janz. Und eigentlich sollte sich ein Laden für Frauen- und Lesbenliteratur kaum über zu wenig Spezialistinnen beklagen können.

JULIA GROTH