Notorische Neinsager, so reaktionär

OLYMPIA IN BERLIN

Amüsiert verfolgt Wowereit, wie der Plebs beim Wort „Großprojekt“ zusammenzuckt

Es sei „keine Geheimoperation“, sagt der Innensenator, aber der renitente Berliner ist trotzdem schon wieder dagegen. Olympia? Nee, danke! Der Regierende konstatiert das Nörgeln der Bevölkerung und prophezeit: Kommt Olympia, dann „rennt sie dahin“. Det is Berlin, wa?

Recht hat er: Notorische Neinsager, so langweilig, so reaktionär. Wowereit kennt das zu gut, um es noch ernst zu nehmen. Auch an ihm nörgelt sie ständig herum, diese Bevölkerung, aber wenn es ernst wird – rennt sie dahin. Und wählt ihn wieder.

Amüsiert verfolgt Wowereit, wie der Plebs neuerdings zusammenzuckt, sobald irgendwo das Wort „Großprojekt“ fällt. Albern findet er das. Das Olympiastadion immerhin ist schon fertig – und was brauchte es mehr für eine Olympiade als ein entsprechendes Stadion? Der Marathon geht auch jedes Jahr an den Start, allen Schlaglöchern im Asphalt zum Trotz.

Und erst die Infrastruktur: Im Sommer fährt die S-Bahn tadellos und die mögliche Ausrichtung der Spiele 2024 könnte auch eine realistische Zielmarke für die Lösung der delikaten Flughafensituation sein – 2028 erst recht.

Dass Berlin für die eine oder andere olympische Disziplin nachlegen müsste, also bitte: So kleingeistig sind wir doch sonst nicht. Gut, einige Sportstätten bedürften bis 2024 wohl einer Sanierung oder gar eines Ausbaus. Und ja, 60 Millionen würde wohl allein die Bewerbung verschlingen, an deren Ende nicht einmal die sichere Zusage stünde.

Interessanter als die Geldfrage ist sowieso die nach der Partizipation. Die nach dem Tempelhof-Volksentscheid etwa vom SPD-Fraktionschef für künftige Großprojekte versprochene Bürgerbeteiligung dürfte in der Kürze der Zeit schwer zu realisieren sein. Schon Anfang Juli müsste im Abgeordnetenhaus über die Vorbewerbung gesprochen werden, ehe die Abgabefrist vom Deutschen Olympischen Sportbund verstreicht.

„Wir werden die Bewerbung abgeben“, sagt Wowereit und begründet das so schlüssig, wie es eben geht, ohne einen Nachweis zu erbringen: „Berlin kann Olympia.“ Torsten Landsberg