Altes Recht, neue Bedrohung

OFFENE MELDEREGISTER

Als vor acht Jahrzehnten das Recht eingeführt wurde, dass jeder Bürger sich Auskünfte über jeden anderen Bürger aus dem Melderegister einholen kann, wurde der Missbrauch schon allein durch den Aufwand verhindert. Jede Anfrage musste damals manuell gestellt werden, und zwar reichsweit bei jedem Bürgeramt einzeln.

Die Digitalisierung hat aus dem alten Recht eine neue Bedrohung geschaffen. Heute kann jeder über das Internet die Daten abfragen. Man gibt dazu den Namen der gesuchten Person ein, das Geschlecht und entweder das Geburtsdatum oder eine frühere Adresse – schon wird die aktuelle Adresse angezeigt. Und weil die Antwort direkt am Bildschirm angezeigt und nicht mehr mit der Post zugeschickt wird, muss der Auskunftsuchende sich nicht mehr identifizieren. So ist ein Massengeschäft daraus geworden: 730.000-mal wurden 2013 in Berlin Bürgerdaten online abgefragt.

In dieser Woche kam durch eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten Benedikt Lux heraus, dass das Land bei der Adressauskunft draufzahlt, weil die erhobenen Gebühren nicht kostendeckend sind. Die Onlineabfrage kostet nur 1,50 Euro. Jetzt sollen die Gebühren angehoben werden, die Höhe steht noch nicht fest.

Noch besser wäre es aber, das ganze Auskunftsrecht zu reformieren. Das Mindeste wäre, dass die Adresskäufer sich identifizieren müssen und dass jeder Bürger das Recht hat, Auskunft darüber zu erhalten, wer seine Daten gekauft hat. Noch besser wäre, jeder Bürger würde automatisch informiert, sobald seine Daten wieder mal verkauft wurden. Und optimal wäre, die Auskunft wäre nur noch für bestimmte, vorher definierte Zwecke zulässig und die Ämter würden vor jedem Datenverkauf prüfen, ob hier ein solcher Fall vorliegt.SEBASTIAN HEISER