Feinfädiges

Die Macht auf dem Kopf der Frau im Brief an die Korinther wird oft fälschlicherweise als Schleier übersetzt. Das altgriechische „exousia epi“ heißt aber „Vollmacht über“. „Es geht im zehnten Vers von Paulus‘ erstem Brief also darum, dass Frauen Vollmacht über ihren Kopf haben, und nicht darum, dass sie jemanden über sich haben, der Macht über sie ausübt oder darum, dass sie ‚ein Zeichen der Macht‘ auf ihrem Kopf tragen“, so Helmut Frank im Sonntagsblatt.

Friedrich Wilhelm Hackländer bewundert in seinem Reisebericht aus dem Jahre 1846 die verschleierten Orientalinnen: „Obgleich das Gesetz ihnen vorschreibt, den Mund zu verschleiern, so wissen sich die türkischen Schönheiten doch zu helfen, indem sie sich eines ganz dünnen feinen Mousselins bedienen, welcher die Formen ihres Gesichts sehr gut erraten lässt.“ Die Frauen entziehen sich dem Gesetz der eigenen Männer, bieten sich dem Fremden an, den sie begehren, so sieht er selbst das zumindest. „In ihren Kissen zurückgelehnt, verstehen sie es vortrefflich, im rechten Augenblick die schwarzbewimperten Augenlieder aufzuschlagen und dem, der sie betrachtet, eine volle Ladung aus ihren blitzenden Augenbatterien zu geben.“

Für Männer ist Schmuck orientalischer Herkunft lebensgefährlich – so liest man es zumindest in Arthur Conan Doyles „Geflecktem Band“ (1892): „Das Licht fiel auf den Safe, dessen Tür weit offenstand. Neben dem Tisch saß Dr. Grimesby Roylott im Morgenrock, die nackten Füße in roten Türkenpantoffeln. Seine starren Augen waren auf die Zimmerdecke gerichtet. Um seine Stirn wand sich ein eigenartiges gelbes Band mit bläulichen Tupfen. Er rührte sich nicht. ‚Das Band! Das gefleckte Band!‘, flüsterte Holmes. In der gleichen Sekunde begann der unheimliche Kopfschmuck sich zu bewegen. Aus den Haaren des Doktors erhob sich der flache Kopf einer Schlange. „Eine Swamp adder!“ schrie Holmes. „Die gefährlichste Schlange Indiens. Ihr Biss tötet innerhalb von zehn Sekunden.“ JUL