Konto nicht für Jedermann

Noch immer sind Banken nicht gezwungen, jedem ein Konto zu geben. Die „Selbstverpflichtung“ bringt im Zweifelsfall gar nichts. Und die Bankenlobby blockiert eine gesetzliche Regelung

von Klaus Wolschner

„Das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen hat während einer Berufungsverhandlung am 8. Dezember in Aussicht gestellt, dass es die „Jedermann-Konto-Entscheidung“ des Landgerichts Bremen demnächst aufheben wird.“ Das meldete gestern die auf Bankenrecht spezialisierte Stuttgarter Kanzlei BGKS. Zwar habe sich der Verband der Kreditinstitute verpflichtet, für „jedermann“ und ohne Ansehen der Vermögensverhältnisse ein Guthabenkonto einzurichten, aber diese Selbstverpflichtung sei nicht bindend, da nicht die Kreditinstitute selbst sich verpflichtet haben.

Streit um die Konto-Eröffnung gibt es in aller Regel nur bei Kunden, die finanzielle Probleme haben. Wenn jedoch die Bank ein „Guthabenkonto“ einrichten würde und das notfalls mit einer „Mindesteinlage“ zur Deckung der Kontoführungsgebühren belegen würde, dann ginge sie kein Risiko ein, sagt der Stuttgarter Anwalt Matthias Gröpper. Infolge der weitgehenden Elektronisierung des Geldverkehrs geht die Ablehnung eines Guthabenkontos mit erheblichen Nachteilen einher, etwa bei der Jobsuche.

„Der Gesetzgeber muss die Banken gesetzlich zur Eröffnung von Jedermann-Konten verpflichten“, sagt Gröpper. Denn offensichtlich sei die Selbstverpflichtung der Banken „nicht ausreichend.“ Das Thema liegt seit Jahren beim Bundesjustizministerium. Doch anscheinend, sagt Gröpper, sei die Bankenlobby dort sehr stark. Einen Termin, zu dem die gesetzliche Verpflichtung im Bundestag beschlossen werden soll, konnte das Bundesjustizministerium gestern nicht nennen. Anders als andere Länder der Europäischen Union hat die Bundesregierung bisher eine gesetzliche Verpflichtung der Kreditwirtschaft zur Einrichtung von Guthabenkonten für nicht geboten gehalten.

Für die Sparkasse in Bremen, die vor einem Jahr vor dem Oberlandesgericht Recht bekommen hatte mit ihrer Auffassung, dass sie nicht jedem ein „Guthabenkonto“ gewähren muss, gibt es keinerlei Handlungsbedarf. „Auch die Politik geht davon aus, dass die Selbstverpflichtung ausreichend ist“, sagt ein Sparkassen-Sprecher. Darin wird ausrücklich auch Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern ein Konto zugesichert, allerdings gibt es sechs Spiegelstriche mit Einschränkungen. Insbesondere im Falle von Privatinsolvenzen sind Bankinstitute zu nichts verpflichtet. Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf mit der Begründung, dass sich weder aus der Selbstverpflichtung noch aus der Empfehlung des ZKA ein einklagbarer Anspruch herleiten lasse (2 U 67/05).

Das Hamburger „Institut für Finanzdienstleistungen“ (iff) schätzt die Zahl der Betroffenen bundesweit auf eine Million Menschen. Offiziell hat die Bundesregierung in einem Bericht festgestellt, dass sich die Selbstverpflichtung der Kreditinstitute „in der Praxis nicht in dem gewünschten Umfang bewährt hat.“ Das sei nach zehn Jahren „ein ernüchterndes Ergebnis“. Die Selbstverpflichtung „verpflichtet gegenüber dem Kunden zu nichts“. Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus bisher nicht gezogen.

Die Stuttgarter Banken-Spezialisten haben also im Grundsatz sicherlich Recht. Konkret irren sie aber offensichtlich: Es hat am 8.12.2006 keine Verhandlung des Oberlandesgerichtes über das „Jedermann-Konto“ gegeben. Das stellt jedenfalls der Gerichtssprecher fest. Vermutlich haben die Stuttgarter Anwälte sich einfach im Jahr geirrt.