Erfundenes Gefängnis

Amtsgericht spricht Schulleiter von dem Vorwurf frei, einen Schüler im Lehrerzimmer eingesperrt zu haben

Die Vorwürfe waren heftig: Ein ehemaliger Schüler hatte den Schulleiter und dessen Stellvertreter einer Schule in Treptow bezichtigt, ihn eingesperrt zu haben. Das Amtsgericht Tiergarten war von den Ausführungen des vermeintlichen Opfers nicht überzeugt – und sprach die zwei Pädagogen gestern frei.

Angeklagt waren die beiden Lehrer wegen Nötigung und Freiheitsberaubung im Amt. Nach Aussage des einstigen Schülers hätten sie ihn bereits im Januar 2001 am Verlassen der Toilette gehindert und genötigt, die Beschädigung eines Handtuchhalters zuzugeben. Er sei ins Sekretariat geflüchtet, wo ihn die beiden längere Zeit eingeschlossen hätten. Erst als er rief, er würde aus dem Fenster springen, hätte die Schulsekretärin ihn befreit.

In der Verhandlung sprach der Schulleiter von übler Nachrede. Der heute 21-Jährige habe die Schule verlassen müssen, nachdem er mit rechtsradikalen Äußerungen provoziert habe. Vor Gericht diskreditierte sich das vermeintliche Opfer mit unglaubwürdigen Sätzen; auch sprach er von einem weiteren beteiligten Lehrer: „Vielleicht waren es zwei, vielleicht drei.“

Nach wenigen Minuten hatten Staatsanwalt und Richterin genug gehört, um sich für einen Freispruch zu entscheiden, zumal auch die Sekretärin den Vorfall nicht bestätigte. In seinem Plädoyer rügte ein Verteidiger die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft, die nach Vernehmung des unglaubwürdigen Zeugen das Verfahren hätte einstellen müssen. Stattdessen wurden die beiden Pädagogen zwei Jahre unschuldig „durch die Mühlen der Justiz gezogen“.

„Das tut schon sehr weh“, sagte der 53-jährige Schulleiter in seinem Schlusswort. Es ist bereits sein zweiter Freispruch – im Dezember 2004 hatten Freundinnen des Angeklagten ihn der sexuelle Belästigungen bezichtigt. Inzwischen leitet er nicht mehr die Gesamtschule – er ließ sich an ein Gymnasium versetzen. UTA FALCK