Sushi am Altar

In Bielefeld gibt es das einzige Restaurant in NRW in einer Kirche.„Dies ist kein Ort für Trinkexzesse und Thekentänze“, sagt Gastronom Fiolka

VON JANA IDRIS

Kirche und Gastronomie suchten einander – und fanden sich. Mit den Worten des Bielefelder Gastronoms Achim Fiolka ausgedrückt „kollidierten“ die Interessen. Er begab sich auf die Suche nach einem „ungewöhnlichen Ort“, die Evangelische Martini-Gemeinde suchte aus finanzieller Not einen Käufer. So entstand der Gastronomiebetrieb „Glück und Seligkeit“ in Bielefeld. Zum ersten Mal wurde damit in Deutschland eine Kirche zum Restaurant umfunktioniert.

Rund ein Jahr nach der Eröffnung im November 2005 zieht Gastronom Achim Fiolka positive Bilanz. 2004 hatte Fiolkas Firma „Living Event“ die Martini-Kirche trotz Widerständen aus der Gemeinde übernommen. Insgesamt habe es aber weniger Kritik gegeben als erwartet, so Fiolka. Das liegt nicht zuletzt an der Umsetzung seines Projekts. Er sagt: „Glück und Seligkeit ist kein Ort für Trinkexzesse und Thekentänze“. Es sei auf ein besonderes Ambiente für das Restaurant-Bar-Lounge-Modell geachtet worden. Musik und Licht habe man sorgfältig ausgesucht. Auch habe man sich anfangs im Altarbereich mit mehr Respekt bewegt. „Mittlerweile ist das aber Alltag.“

Fiolka will sich nicht zu lange mit den Widersprüchen zwischen Gastronomie und Kirche aufhalten, er beschwört die Gemeinsamkeiten. Da wäre insbesondere die kirchliche Vorstellung von Rückbesinnung und Kraft, die man finden müsse. All das könne seine Gastronomie auch bieten. Fiolka bezeichnet sich selbst zwar als religiös, sagt aber: „Dies hat für mich nichts mit dem Gebäude zu tun.“

Insbesondere hätten sich seine Architekten bemüht, die Eigenschaften des Kirchenbaus zu erhalten. Radikal umrüsten wollte man nicht, was ebenfalls die Akzeptanz für das Projekt erhöhte. Pfarrer Hans Große von der Evangelisch-Lutherischen Martini-Kirchengemeinde spricht von einer „sensiblen architektonischen Bewältigung“ und einer „besseren Alternative zum Abriss“. Auch viele Gemeindemitglieder würden das mittlerweile nüchterner sehen. Sicherlich gäbe es, so Große, teilweise noch Vorbehalte. Generell werde es seiner Meinung nach aber viel besser angenommen als befürchtet. Ein Paar aus seiner Gemeinde habe im „Glück und Seligkeit“ sogar Goldene Hochzeit gefeiert. Eine solche neue Nutzung der einstigen Kirche stoppe nach Ansichts Fiolkas ja zudem den Verfall. Er erklärt: „Wenn später mal Bedarf besteht, könnte man auf diese Weise wieder Kirchen daraus machen. Der Vorteil wäre: Die Fußbodenheizung ist schon drin.“