DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Eine bunte DDR

WAS SAGT UNS DAS? Berlins S-Bahn fährt weniger als 1945, und Erlangens Uni ist dicht, um Heizkosten und Strom zu sparen

Dass die Deutsche Bahn nicht mehr gut auf den Winter zu sprechen ist, ist mittlerweile bekannt. Berlins S-Bahn setzt da ganz besondere Glanzlichter, es sei fast schlimmer als anno 1945, erinnern sich ältere ÖPNV-Nutzer in den einschlägigen Gazetten. Niemals seit dem Zweiten Weltkrieg hätten so wenig Wagen zur Verfügung gestanden, monierte Springers Berliner Morgenpost schon im September – und zu Beginn der ersten Arbeitswoche im neuen Jahr waren es prompt noch mal ein paar weniger.

Aus Erlangen erreicht die Redaktion derweil die Mitteilung, dass die dortig-ehrwürdige Friedrich-Alexander-Universität noch bis zum 9. Januar dicht ist. Seit Weihnachten schon ruht die sonst rastlose Forschung und Lehre – „um Geld bei Heizung und Strom zu sparen“, wie es in einer Presseunterrichtung heißt. Auch da mag sich manch Altsemester an die Zeiten erinnern, wo gegen mitgebrachte Briketts oder Koksbruch Vorlesung gehalten oder Theater gespielt wurde. In Erlangen wird derweil munter gebaut – ohne dass klar ist, wer die Heizung zahlt: Neubauten mit rund 21.000 Quadratmetern Fläche, dazu werden zusätzlich 10.000 Quadratmeter angemietet. Nur: Für Strom und Heizung seien „keine zusätzlichen Mittel vorgesehen“, erzürnt sich Uni-Präsident Karl-Dieter Grüske: „Es ist doch Irrsinn, neue Gebäude zu errichten, die wir dann nicht beziehen können, weil wir kein Geld für die Heizung, für das Licht und für den Betrieb der IT-Infrastruktur haben.“

Ein ehemaliger Ostberliner brachte das Dilemma dieser Tage auf den Punkt: „Es ist hier jetzt wie in der DDR – nur bunter“, sprach’s und schlitterte weiter durchs vereiste Kreuzberg. Die „Wege zum Kommunismus“, für die Gesine Lötzsch derzeit so viel Haue bekommt, liegen dank Väterchen Frost also ganz nah. STG