GLOBUS KULINARISCH
: Kurzurlaub in Japan

Wir spinnen Gedanken darüber, was das Leben noch mit uns vorhaben könnte

Endlich ist es so weit: Meine Frau und ich gehen heute mal wieder richtig schön essen, und zwar ganz ohne Kinder. Ohne Pinocchio-Teller, Hotzenplotz-Hackbraten und „Wann dürfen wir endlich aufstehn?“-Genöle.

Und weil das so ein verdammt gutes Gefühl ist, malen wir uns erst mal eine Ewigkeit lang aus, wo wir überhaupt überall hingehen könnten und wie lecker es dort wäre. Zum Italiener, zum Mexikaner, zum Inder, zum Vietnamesen – wir können uns kaum entscheiden, weil wir so viel Freiheit nicht mehr gewohnt sind und mit der Restaurantwahl jetzt bloß nichts verbocken wollen.

Mir wär’s eigentlich lieber, wir würden in all die Länder reisen, aber das haben wir uns abgeschminkt. Wir einigen uns darauf, den Globus zumindest kulinarisch abzugrasen – das sei ja auch wie Urlaub, halt ein Ultrakurztrip ohne Ü und F, meint meine Frau. Und außerdem hätten wir da nicht das Problem mit kotzenden Kindern im Flieger. Damit hat sie nicht ganz unrecht, denn wenn wir in den Sommerurlaub fahren, ist bei uns in der Regel bereits nach wenigen Kurven die erste Ladung draußen. Auch wenn da morgens um sechs noch gar nicht viel drin ist.

Heute Abend tangiert uns das aber wenig. Die Kinder übernachten bei Freunden und wir sind beim Japaner. Wir haben Schnick-schnack-schnuck gespielt und Evelyn hat gewonnen. Dafür darf ich bestimmen, über was wir als Erstes reden. Die Japankerze zwischen uns flackert und ich sag: „Auf jeden Fall nicht über die Kinder“ – was sage und schreibe fünf Minuten lang klappt.

Nachdem wir bestellt haben, prosten wir uns zu und spinnen Gedanken darüber, was das Leben noch mit uns vorhaben könnte. Sie legt den Finger ans Kinn und durchforstet ihre Wünsche. „Schön wäre beispielsweise“, sagt sie und schiebt mir das klingelnde Handy rüber, „wenn sich da jetzt einfach bloß wer verwählt hätte.“ JOCHEN WEEBER