Einigung rückt näher

HARTZ-IV-REFORM Union und SPD bewegen sich aufeinander zu. Wegen der stockenden Reform befürchten die Jobcenter eine Klagewelle

BERLIN dpa/afp/epd | Nach dem Willen der Karlsruher Verfassungsrichter sollte die Hartz-IV-Reform zum 1. Januar 2011 wirksam werden, doch Opposition und Bundesregierung streiten sich über den Jahreswechsel hinaus. Über den um 5 Euro höheren Hartz-IV-Regelsatz und ein Bildungspakt für Kinder wird daher im Januar weiter verhandelt. Allerdings kommen sich Union und SPD langsam näher.

SPD-Unterhändler Hubertus Heil begrüßte das Angebot von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), das Bildungspaket auch den 140.000 Kinder von Geringverdienern anzubieten, die Wohngeld beziehen. „Es ist konsequent und sachgerecht, wenn Frau von der Leyen jetzt bereit ist, den Empfängerkreis für das Bildungspaket für Kinder auszuweiten“, sagte Heil der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post (Mittwochsausgabe). Allerdings gingen die SPD-Forderungen „noch weit darüber hinaus“. So solle es das Bildungspaket auch für Kinder im Alter von über 18 Jahren geben, die noch in der Ausbildung seien, forderte Heil.

Da der Bundesrat die Hartz-IV-Reform am 17. Dezember vorerst gestoppt hat, sucht jetzt eine vom Vermittlungsausschuss eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Kompromiss. Die Gespräche sollen am 7. Januar fortgesetzt werden.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer, einer von drei Unionsvertretern in der Arbeitsgruppe, erwartet eine baldige Einigung. „Ich gehe davon aus, dass alle Beteiligten wissen, dass sie den Betroffenen eine Lösung schuldig sind“, sagte Böhmer der Nachrichtenagentur dpa. „Es kann nicht sein, dass man sich so verfestigt und zerstreitet, dass es keine Lösung geben kann.“ Es bestehe die Bereitschaft, das Problem bis zur nächsten Bundesratssitzung am 11. Februar auszuhandeln.

Neben den offenen Fragen zum Bildungspaket sind laut Ursula von der Leyen die Berechnungen der Hartz-IV-Regelsätze und die Hinzuverdienstgrenzen für Langzeitarbeitslose, „gekoppelt mit den Fragen des Mindestlohns“, die weiteren Themenschwerpunkte.

DGB-Chef Michael Sommer ist jedoch skeptisch, dass die Hartz-IV-Verhandlungen zu einem flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland führen werden. Er glaube nicht, dass die SPD den Mindestlohn gegen den Willen der schwarz-gelben Bundesregierung durchsetzen kann, sagte Sommer am Mittwoch dem Sender SWR. Der Widerstand bei Union, FDP und den Arbeitgeberverbänden sei sehr groß.

Wegen der stockenden Hartz-IV-Reform befürchten die Jobcenter ab Januar eine Klagewelle. Nach Beobachtungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) rufen immer mehr Arbeitsloseninitiativen dazu auf, gegen die Bescheide der Jobcenter vorsorglich Widerspruch einzulegen. BA-Vorstand Heinrich Alt appellierte an alle Hartz-IV-Empfänger, auf solche Klagen zu verzichten. Die erhöhten Leistungen würden auf jeden Fall nach Verabschiedung des Gesetzes rückwirkend zum 1. Januar ausgezahlt, sagte Alt der dpa. Nach Einschätzung der BA werden Hartz-IV-Empfänger frühestens ab 1. März mehr Geld erhalten.