Köhler klagt über Informationsgesetz

Bundespräsident Horst Köhler will das Verbraucherinformationsgesetz nicht unterschreiben. Er hat der Regierung bis heute Zeit gegeben, offene Fragen zu beantworten. Verbraucherschützer halten es für eine Chance, wenn das Gesetz jetzt noch kippt

VON CHRISTIAN HONNENS

Verbraucher dürfen wieder hoffen: Bundespräsident Horst Köhler hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Verbraucherinformationsgesetz. Das Gesetz hat Ende September den Bundesrat passiert. Es soll Lebensmittelskandalen vorbeugen und Verbrauchern Zugang zu Informationen verschaffen.

Viele Grüne oder Verbraucherschützer zweifelten jedoch an seinem Inhalt und an seiner Wirksamkeit. Sie nannten es einen „Etikettenschwindel“. Darum geht es Köhler allerdings nicht. Seine Mitarbeiter haben die Bundesregierung jetzt aufgefordert, zu verfassungsrechtlichen Bedenken Stellung zu nehmen.

Bislang hat sich der Bundespräsident geweigert, das Gesetz zu unterschreiben. Vor wenigen Wochen hatte Köhler erst das Gesetz zur Privatisierung der Flugsicherung durchfallen lassen. Die Regierung werde nun „Stellung nehmen zu den neuen Fragen, die gestellt worden sind“, sagte eine Sprecherin aus dem Verbraucherministerium gestern der taz. Die Frist dazu laufe heute ab. Das Problem: Verbraucher sollen Informationen der Behörden von Bund, Ländern und von Gemeinden bekommen.

Nach der gerade erst verabschiedeten Föderalismusreform darf der Bund den Gemeinden aber keine neuen Aufgaben übertragen. Eine Übertragung auf die Kommunen kann nur noch durch Landesrecht erfolgen. Juristen im Bundespräsidialamt halten es offenbar für falsch, dass in dem Gesetz trotzdem ausdrücklich die Gemeinden zur Weitergabe von Informationen verpflichtet werden. Köhler wird zu entscheiden haben, ob der Gesetzgeber dadurch in verfassungswidriger Weise auf die Gemeinden durchgegriffen hat.

Im Gesetzgebungsverfahren hatten schon mehrere Bundesländer Bedenken geäußert. Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) etwa hatte „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“ zu Protokoll gegeben. Allerdings hatten das auch das Bundesjustizministerium und das Innenressort schon einmal prüfen lassen. Sie kamen zu dem Schluss, „es handele sich nicht um eine verbotene Übertragung von Aufgaben“. Begründung: Die Gemeinden hätten schon immer eine Informationspflicht bei Lebensmittelskandalen gehabt.

So wird das Verbraucherinformationsgesetz zu einem Testfall für die Föderalismusreform. Die Kritiker des Verbraucherschutzgesetzes hoffen nun auch noch auf Änderungen, die sich nicht nur mit der Pflicht der Kommunen befassen: „Wenn das Gesetz so nicht in Kraft tritt, sehen wir die Chance, dass es inhaltlich noch einmal auf den Prüfstand gesetzt wird“, sagte Cornelia Ziehm, Verbraucherschutz- und Rechtsexpertin bei der Deutschen Umwelthilfe. – „Erst dann können wir einen Verbraucherschutz bekommen, der seinen Namen auch verdient.“

Ziehm hält die Informationspflichten in jedem Fall für „viel zu gering“. Außerdem könnten Unternehmen die Herausgabe von Daten verweigern, wenn sie unter das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis fallen. Und was darunter falle, könnten die Firmen selbst entscheiden. Aus ihrer Sicht gehen die möglichen Ausnahmen zu weit. Und sie sind „selbst verfassungsrechtlich keineswegs geboten“, so Ziehm.