Sissis Franz und Afrikas Promotor

NACHRUF Der Schauspieler und Spendensammler Karlheinz Böhm ist tot

BERLIN taz | Sich selbst neu zu erfinden gehört zu den modernen Tugenden: Karlheinz Böhm, österreichischer Schauspieler vom Jahrgang 1928, hat sie auf eigenwillige Weise gelebt. Ende der 50er Jahre war er im deutschen und österreichischen Kino das Sinnbild für den freundlichen Monarchisten, für eine Figur des Mannes, die triebgehemmt und zaudernd stets das Beste für das Imperium möchte: Das war die über drei Filme reichende Rolle des jungen habsburgischen Kaisers Franz Joseph – der, als Fügung der Liebe, nicht der dynastisch-politischen Erwägungen, Sissi heiratet.

Die Rolle der bayerischen Adligen machte Romy Schneider monsterberühmt – Böhm selbst litt unter der Rolle des Kaisers, weil sie ihn künstlerisch einschränkte. Doch nachdem er 1960 die Hauptrolle in dem Michael-Powell-Thriller „Augen der Angst“ als Mann brillierte, der Lust daraus zieht, Frauen mit Kamera und Messer in Furcht zu versetzen, war er für sein Publikum nie mehr der Gleiche.

Mehr für die Gage als aus Passion nahm er noch Rollen an – ehe er in den 70ern vom Regie- und Avantgardehelden Rainer Werner Fassbinder für vier Filme wieder „entdeckt“ wurde. Böhm fühlte sich wohl – und endlich in der nötigen Distanz zu seiner ultrabürgerlichen Herkunft.

Der Bruch mit dem, was die Kunst hergeben konnte, folgte endgültig 1981 in der allerersten „Wetten, dass..?“-Sendung: Böhm erzählte dort von seinem humanitären Engagement in Afrika, insbesondere für die Hungernden in der Sahelzone. Seine in den „Sissi“-Filmen geborene Popularität verhalf der von Böhm gegründeten „Menschen für Menschen“-Stiftung zu einem millionenschweren Spendenertrag: So viel Caritas für eine Not in Afrika war bis dahin in der Bundesrepublik nicht möglich gewesen. Böhm, der im Hinblick auf Afrika allemal betonte, dass jede Entwicklungshilfe dort an der Beteiligung von Frauen hänge, lebte die meiste Zeit seit den frühen 80ern in Äthiopien – und wurde dessen Staatsbürger.

Am Donnerstag ist er, der schließlich 320 Millionen Euro Spenden zu sammeln half, im Alter von 86 Jahren in Grödig, Österreich, gestorben. JAF