Sozialistischer Hoffnungsträger

Der „Präsident“ besucht Afghanistan titelt die konservative Tageszeitung ABC. Die Rede ist nicht etwa vom spanischen Regierungspräsident José Luis Rodríguez Zapatero, sondern von seinem Stellvertreter, Regierungssprecher und Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba. Ganz staatsmännisch lobte er am Sonntag die „guten Spanier“, die dort am Hindukusch stationiert sind. Die Zeitungen waren voll von Bildern des vorweihnachtlichen Blitzbesuchs.

Seit Innenminister Rubalcaba im Herbst zum Vizeregierungschef und Sprecher des durch Finanzkrise und Generalstreik angeschlagenen Kabinetts aufstieg, reißen die Gerüchte nicht ab, der 59-jährige Doktor der Chemie könnte anstatt seines immer unbeliebteren Chefs Spitzenkandidat für die Parlamentswahlen im Jahr 2012 werden.

Der angeschlagene Zapatero scheut die Öffentlichkeit. Rubalcaba, der Sohn eines franquistischen Kriegspiloten und Enkel eines Republikaners, der sich sein Leben lang der sozialistischen Parteipolitik widmet, managt stattdessen die verschiedenen Krisen. Seinen größten Auftritt hatte Rubalcaba Anfang Dezember, als die Fluglotsen aus Protest gegen Gehaltskürzung und Arbeitszeitverlängerung den spanischen Luftverkehr lahmlegten. Der einstige Chef des Präsidentialamts unter Felipe González sprach von „Geiselnahme der Bevölkerung“, „Privilegien einer wohlhabenden Kaste“ und schickte die Armee in die Kontrolltürme. „Wer sich mit dem Staat anlegt, verliert“, erklärte er und traf die Seele der Spanier. Galt Rubalcaba als Innenminister gegen die ETA schon als unbeugsam, verstärkte die militärische Übernahme des Luftraums diesen Ruf noch.

Es ist die große Chance für Rubalcaba, aus der zweiten in die erste Reihe zu treten. Als ewige Nummer zwei, der geschickt die Fäden der Partei zieht, machte der Stratege sich wieder unentbehrlich. 2004 führte er das Team Zapateros zum Wahlsieg.

Parteiintern hat Rubalcaba im Herbst eine emblematische Schlacht verloren. Er wollte den regierungskritischen Madrider Parteichef Tomás Gómez in Urwahlen stürzen und verlor. Aber Rubalcaba hat sich von Niederlagen und Rückschlägen nie entmutigen lassen. REINER WANDLER