Rechtspopulisten räumen ab

GROSSBRITANNIEN Die europafeindliche Ukip gewinnt bei den Kommunalwahlen ein Viertel aller Stimmen. Verluste bei Konservativen und Liberalen. Kritik von der Basis auch am Kurs der Labour-Partei

„Der Ukip-Fuchs ist jetzt im Hühnerstall angekommen“

UKIP-CHEF NIGEL FARAGE

DUBLIN taz | Die rechtspopulistische United Kingdom Independence Party (Ukip) hat bei den britischen Kommunalwahlen am Donnerstag stark zugelegt. Die europafeindliche Partei gewann rund 25 Prozent der Stimmen. Die Gewinne gingen vor allem, aber nicht ausschließlich auf Kosten der Regierungskoalition aus konservativen Tories und Liberalen Demokraten.

Das Ergebnis der Europawahlen, die am selben Tag stattfanden, wird erst am Sonntag bekannt gegeben, wenn die Wahllokale in allen EU-Ländern geschlossen sind. Es ist zu erwarten, dass die Ukip dabei ebenfalls starke Gewinne haben wird und sich mit der linken Labour-Partei ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Spitzenposition liefern wird.

Labour hat bei den Kommunalwahlen ebenfalls Sitze dazugewonnen. Vor allem der Sieg in der Londoner Tory-Hochburg Hammersmith und in Fulham macht der Partei Hoffnung. Aber wird es für die Parlamentswahlen in einem Jahr reichen? Nein, meint der politische Analyst John Curtice. Vergleicht man die Ergebnisse mit denen von 2010, als in diesen Wahlkreisen zuletzt abgestimmt wurde, hat Labour lediglich um 3 Prozentpunkte zugelegt. Und 2010 fuhr die Partei das zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein. Von einer Partei, die in einem Jahr die Regierung übernehmen will, hätte man ein viel besseres Abschneiden erwartet, sagt Curtice.

Der Labour-Hinterbänkler John Mann hat seinem Parteichef Ed Miliband vorgeworfen, eine „kolossal unkluge“ Wahlkampagne geführt zu haben. Einige der „sogenannten Strategen in der Labour-Führung“ hätten geglaubt, der Erfolg der Ukip würde allein auf Kosten der Tories gehen, sagte Mann. „Diese Leute sollten ihren Elfenbeinturm verlassen“, fügte er hinzu. Die Ukip hat auch in Labour-Hochburgen wie Manchester und anderen Wahlkreisen im Norden hinzugewonnen. In London hat die Partei aber erneut versagt, was an dem wirtschaftlichen Gefälle zwischen der Hauptstadt und dem Rest des Landes liegt. London ist reicher, und dort leben mehr Immigranten als anderswo.

In vielen Kommunen konnte die Labour-Partei nur deshalb ihre Sitze verteidigen, weil die Ukip den Tories Stimmen weggenommen hat. Bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr aber wird die Wahlbeteiligung deutlich höher als jetzt, bei nur 36 Prozent, liegen. Zum anderen haben viele Wähler die Regierung abgestraft, wie es bei Kommunal- und Europawahlen üblich ist. Bei Parlamentswahlen dürften sie zu den etablierten Parteien zurückkehren.

Viele Wahlbeobachter prophezeien, dass die Ukip auch nach den nächsten Parlamentswahlen 2015 ohne Sitz dastehen wird, auch wenn Ukip-Chef Nigel Farage optimistisch behauptet: „Der Ukip-Fuchs ist jetzt im Hühnerstall Westminster angekommen.“ RALF SOTSCHECK

taz-Europa Seite 11