Der Tunnel, eine Kurzgeschichte

FEHMARNBELT Kritiker der festen Beltquerung legen bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die dänische Planung ein. Denn nur 62 von 11.000 Seiten Unterlagen sind auf Deutsch

Jetzt beginnt der juristische Kleinkrieg im Fehmarnbelt. Eine Beschwerde gegen die dänischen Planungen hat das Aktionsbündnis gegen den Tunnel in der Ostsee bei der EU-Kommission in Brüssel eingereicht. Denn die Initiativen gegen die feste Querung der knapp 20 Kilometer breiten Meeresstraße zwischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland fühlen sich schlecht informiert: Lediglich kurze 62 Seiten umfassen die Planungsunterlagen für den längsten Absenktunnel auf dem Globus.

Das Vorgehen Dänemarks „ist unvereinbar mit europäischem Recht“, sagt der Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Hendrick Kerlen, und widerspreche der Espoo-Konvention von 1997. In dieser UN-Konvention ist festgelegt, dass bei grenzüberschreitenden Projekten die Behörden, Nichtregierungsorganisationen und die Öffentlichkeit des anderen Staates über mögliche Umweltauswirkungen zu unterrichten sind. Für den Tunnel, der zur Hälfte auf deutschem Hoheitsgebiet verläuft und in Schleswig-Holstein wieder ans Tageslicht kommt, sind zudem deutsche Baugenehmigungen erforderlich.

Nun hat die dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S im vorigen Oktober 19 Aktenordner mit Planungsunterlagen an Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) übergeben. Sie enthalten: rund 9.000 Seiten Gutachten und Studien auf Dänisch, 1.600 Seiten Umweltverträglichkeitsprüfung auf Dänisch, 366 Seiten Umweltbericht auf Englisch – und eben 62 Seiten Zusammenfassung auf Deutsch. Das sei aber „eine Sprachbarriere für die deutschen Betroffenen“, findet Kerlen. Zudem rügt er, dass Dänemark den Tunnel nicht mit einem Planfeststellungsbeschluss, der gerichtlich angefochten werden kann, beschließen will, sondern ihn durch ein Baugesetz im Parlament beschließen will. Das aber sei bei grenzüberschreitenden Vorhaben nach der Espoo-Konvention nicht zulässig.

Femern A/S reagiert gelassen. „Die Beschwerde hat keine Auswirkungen auf unsere weitere Arbeit“, sagt ein Sprecher der Realisierungsgesellschaft. Er gehe weiter davon aus, dass der Tunnelbau 2015 beginnen könne.

Das Kieler Verkehrsministerium will die Beschwerde nicht kommentieren, weil sie sich gegen Dänemark richtet. Jedoch gebe es keinen Anlass, die Planungen auf deutscher Seite infrage zu stellen, erklärt Minister Meyer: „Wir machen weiter.“

Juristische Schritte erwägt auch die Reederei Scandlines, die ihren Fährbetrieb und 800 Arbeitsplätze auf der Route zwischen Puttgarden und Rødby bedroht sieht. Denn für den Tunnel gibt das dänische Königreich Staatsgarantien, die Femern A/S zu billigen Baukrediten verhelfen. Zudem plant die Realisierungsgesellschaft EU-Fördermittel von zehn bis 20 Prozent der Investitionssumme ein. Das will Scandlines-Geschäftsführer Gernot Tesch nicht so einfach hinnehmen und kündigte vorsorglich eine Klage wegen Wettbewerbsverzerrung an. Mit Staatsgarantien und EU-Subventionen „ein gesundes Unternehmen vom Markt verdrängen zu wollen, ist ein Ungleichgewicht“.  SVEN-MICHAEL VEIT