„Die Leute sind noch da“

BEWEGUNG Massenkaraoke soll auf die prekäre Lage der Lampedusa-Flüchtlinge aufmerksam machen

■ 44, lebt seit über 20 Jahren in Hamburg, ist Arzt und Unterstützer der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“.

taz: Herr Bonnemeier, Sie rufen heute vor dem am 1. Mai ausgerufenen „Refugee Welcome Center“ im Karo-Viertel zur Massenkaraoke auf. Was ist der Anlass?

Ole Bonnemeier: Wir wollen für die Lampedusa-Flüchtlinge und die UnterstützerInnen einen kulturellen Rahmen schaffen und die Möglichkeit zur freien Versammlung. Und da überlegen wir uns verschiedene Aktionsformen, um möglichst viele Leute anzusprechen.

Und möglichst viel Aufmerksamkeit für die Flüchtlinge zu generieren?

Genau, denn das solidarische Winternotprogramm ist gerade ausgelaufen und die Flüchtlinge müssen jetzt zum Teil auf der Straße schlafen oder sind privat untergekommen. Die Situation ist für die meisten von ihnen ziemlich prekär.

Wie können Sie da helfen?

Es geht uns darum, öffentlich zu machen, dass diese Leute weiterhin in der Stadt sind und Bedürfnisse haben. Sie brauchen etwa ein Dach über dem Kopf und eine Arbeitserlaubnis. Letztes Jahr waren Solidarität und Unterstützung in der ganzen Stadt riesig. Über den Winter ist das aber ein wenig eingeschlafen und das wollen wir ändern. Durch die Reklamation des Gebäudes in der Laeiszstraße als Refugee Welcome Center ist wieder Bewegung reingekommen.

Es geht also nicht darum, das konkrete Gebäude für die Flüchtlinge zu öffnen, sondern eher um die symbolische Wirkung?

Es geht schon konkret um dieses Gebäude. Wir wollen auch ganz physisch einen Ort für Versammlungen haben. Da die Stadt sich aber bisher geweigert hat, einen solchen Ort zu Verfügung zu stellen, müssen wir uns selbst einen suchen. Und die ehemalige Schule in der Laeiszstraße ist da und leer und bietet sich einfach dafür an. Dort könnten wir den Kampf für die Flüchtlinge wieder etwas breiter machen. Das Gebäude ist also nicht nur ein bloßes Symbol.

Wie groß ist die Unterstützung denn?

Es gibt verschiedene Solidaritätsbekundungen. Zum Beispiel haben sich die Eltern der Kinder, die hier bis vor einem Jahr zur Schule gingen, für ein Refugee Welcome Center im Gebäude ausgesprochen.

Noch ist es aber ein recht überschaubarer Kreis, der sich engagiert, oder?

Würde ich auch sagen, aber wir müssen am Ball bleiben und dann erreichen wir auch wieder mehr Leute.  INTERVIEW: ILK

„Refugee Welcome Club“: ab 20 Uhr, Laeiszstraße 14