Luftdrehkreuz Leipzig in der Schwebe

Die Finanzierung des Prestigeprojekts ist der EU-Kommission suspekt: Sie vermutet illegale Beihilfen für DHL

BRÜSSEL taz ■ Die EU-Kommission will die Finanzierung des neuen Frachtzentrums der Post-Tochter DHL am Flughafen Halle-Leipzig neu prüfen. Es bestehe der Verdacht, dass DHL für die Nutzung der neuen Startbahn „keine kostendeckenden Gebühren bezahlt“, sagte der Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes gestern in Brüssel.

Die Deutsche Post AG sehe der Untersuchung „entspannt“ entgegen, sagte deren Sprecher Martin Dopichay. Die Post erhält einen Investitionszuschuss von 70,8 Millionen Euro, den die Kommission bereits vor zwei Jahren genehmigt hatte. DHL will in dem Frachtzentrum 3.500 Arbeitsplätze schaffen. Die Arbeiten auf der Baustelle gingen planmäßig weiter.

DHL plant, von Brüssel nach Ostdeutschland umzuziehen, weil die belgischen Behörden das regionale Nachtflugverbot nicht aufheben wollten. In Belgien war der Umzug heftig umstritten. Die Kommission will den Eindruck vermeiden, dass die Verlagerung eines Unternehmens von einem Mitgliedsland in ein anderes durch unerlaubte Beihilfen gefördert wird.

Die neue Landebahn in Halle-Leipzig wird in erster Linie dadurch finanziert, dass Sachsen als wichtigster Anteilseigner des Flughafens zusätzliches Kapital zur Verfügung stellt. Es bestünden erhebliche Zweifel, „ob ein privater Investor genauso handeln würde“, sagte der Kommissionssprecher. Die zusätzlichen Einnahmen aus dem Betrieb der Startbahn deckten die höheren Kosten für das Land nicht. Die Kommission erwartet, dass der Kapitalgeber eine „marktübliche Rendite“ erwirtschaftet.

Von der sächsischen Kapitalspritze profitieren grundsätzlich alle Airlines, die Halle-Leipzig anfliegen. Nach Ansicht der Kommission ist DHL jedoch der Hauptnutznießer, weil auf der neuen Landebahn vor allem der Nachtflugverkehr abgewickelt werden soll. Für den Fall, dass Nachtflüge in Halle-Leipzig nicht möglich sind, hatte der Freistaat DHL außerdem eine finanzielle Kompensation zugesagt. Auch hier hat die Kommission den Verdacht, dass es sich um eine unerlaubte Beihilfe handelt.

In beiden Fällen ist bislang kein Geld geflossen. Nach Ansicht der Post AG ist das Verfahren im Hinblick auf die Nachtflug-Garantie gegenstandslos, weil das Bundesverwaltungsgericht den nächtlichen Umschlag von Expressfracht in Halle-Leipzig kürzlich für zulässig erklärt hatte. In Brüssel heißt es, mit der Untersuchung solle zunächst der Umfang möglicher Subventionen festgestellt werden.

TOM WEINGÄRTNER