Abpfiff bei der AGiM

Der FC St. Pauli im Wandel: Eine Woche vor Trainer Bergmanns Entlassung löste sich die „Millerntor-APO“ auf

Mit einem letzten Gruß, auch an „diejenigen, für die wir immer die linken Querulanten waren“, verabschiedete sich vorige Woche die Arbeitsgemeinschaft interessierter Mitglieder im FC St.Pauli (AGiM). Zehn Jahre lang setzte sie sich jenseits offizieller Clubstrukturen kritisch mit der Vereinspolitik des FC St. Pauli auseinander und legte Fundamente für eine größere Mitbestimmung der Fans.

„Die Wege zum Verein sind andere geworden“, sagt Ulrich Reuss. Der ehemalige AGiM-Sprecher wird zukünftig im Aufsichtsrat des FC St. Pauli tätig sein. Den neuen Blickwinkel begreift der 37-Jährige als Chance, um von offizieller Seite aus Positionen und Meinungen im Verein zu hinterfragen.

Ihren Ursprung hat die AGiM in den 90ern, als Heinz Weisener an der Spitze des Verein thronte. Zu dieser Zeit formierten sich in Fankreisen Widerstände gegen festgefahrene Vereinsstrukturen. Zwischen „Papa Heinz“ und den „Querulanten“ entstand eine immer tiefere Kluft, denn die „Chaoten“ gruben tief und machten Missstände im öffentlichen Diskurs transparent: Nachdem etwa bekannt wurde, dass der ehemalige Namenspatron des Stadions NSDAP-Mitglied war, regte die AGiM eine Umbenennung des Stadions an – mit Erfolg: Das einstige Wilhelm-Koch-heißt heute Millerntor-Stadion. Auch die Beteiligung des Clubs am Entschädigungsfonds für jüdische Zwangsarbeiter im Nationalsozialismus geht auf Initiativen der AGiM zurück.

Aufgrund dieser Errungenschaften blickt Reuss mit Wehmut zurück: „Eine Struktur wie in den 80er oder 90er Jahren gibt es aber heute nicht mehr.“ Das Interesse, an vereinspolitischen Dingen zu partizipieren, lasse stetig nach, zudem bekämen „die Spiele des FC St. Pauli einen immer stärkeren Event-Charakter. Man trifft sich mit Freunden und trinkt Bier. Der Rest juckt nicht.“ Zuletzt hatte die AGiM daher mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Auch waren fast alle Mitglieder in weitere Aktivitäten rund um den Verein eingebunden, daher war „eine kontinuierliche und konstruktive Vereinsarbeit für uns zeitlich und inhaltlich nicht mehr machbar“, heißt es in der letzten Pressemitteilung.BOC