VERKLEIDET IM KIEZ
: Falscher Überfall

„Lass dich hier nie wieder blicken!“, schreit Getränke Hoffmann. „Der Arsch“ haut ab

Auf dem Weg zu Getränke Hoffmann komme ich mit Fup bei Hidari Zingaro in der Dieffenbachstraße vorbei, aber die Galerie ist weg. Takashi Murakami hat eingepackt. Seine einzige Galerie in ganz Europa: geschlossen. Einfach so. Aber ich konnte mir sowieso nicht vorstellen, dass Takashi Murakami mit den Manga-Bildern hier Erfolg haben würde.

Gut, während der Buchmessen in Leipzig und Frankfurt laufen viele junge Leute als Mangas herum, und das gelingt ihnen sehr überzeugend. Selbst dicke Mädchen, für die ein Sitz in der Bahn nicht ausreicht, haben dann noch einen großen Auftritt als Fee mit geknickten Antennen im Haar. Auf den Messen haben sie viel Publikum, und das ist ganz umsonst, denn als Manga-Charaktere, die bekanntlich noch nie ein Buch in der Hand hatten, kommen sie umsonst auf eine Veranstaltung, für die Mensch, der sich für Bücher interessiert, viel zahlen muss.

Jetzt gibt es keine Kunst mehr, die niemand braucht. Jetzt gibt es einen Klamottenladen, den auch niemand braucht. So gentrifiziert sich das Viertel zu Tode.

Vor Getränke Hoffmann sehe ich einen jungen Mann ganz in Schwarz, der sich einen Schal um den Kopf wickelt, aber mit Augenschlitzen, damit er noch was sehen kann. Er stürmt in den Laden. Ich wundere mich, dass er keine Waffe in der Hand hat. Ein Überfall ohne Waffe? Fup steht da und staunt. „Überfall!“, schreit der schwarze Mann. „Hau ab, du Arsch!“, schreit Getränke Hoffmann. „Hey, war doch nur Spaß“, sagt der schwarze Mann. „Lass dich hier nie wieder blicken!“, schreit Getränke Hoffmann. „Der Arsch“ haut ab.

„War jetzt nicht so witzig, oder?“, sage ich zu Getränke Hoffmann, als ich zahle. „Ick kenn den Idioten ja, aber ick hab in der letzten Zeit drei Überfälle jehabt, wa. Ick bin bedient“, sagt Getränke Hoffmann. „Was war das?“, fragt Fup auf dem Nachhauseweg. „Ein Überfall“, sage ich, „aber kein richtiger.“ „Was?“, fragt Fup. KLAUS BITTERMANN