Animateure von Amts wegen

Vom Biathlon lernen heißt siegen lernen: Die Modernen Fünfkämpfer, die jetzt in Guatemala ihre Weltmeisterschaft austragen, wollen die Strategien der Wintersportler übernehmen und auch zum Mediensport werden. Aber wie?

BERLIN taz ■ Mit Guatemala werden bestenfalls Kaffee, Tabak oder Bananen in Verbindung gebracht. Man denkt nicht an Modernen Fünfkampf. Am Wochenende werden allerdings in Guatemala-Stadt die neuen Weltmeister gekürt, die sich in den Disziplinen Schießen und Fechten, Schwimmen, Reiten und Laufen beweisen müssen.

„Es sprechen sehr viele gute Gründe für den Austragungsort, abgesehen davon, dass wir als Weltverband auch alle Kontinente bei der Vergabe der Spiele gleichberechtigen müssen“, sagt Klaus Schormann, der in Personalunion Präsident des Weltverbandes (UIPM) und des deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf ist. „Alle Facilities liegen in Walking-distance und das Wetter ist konstant super“, schwärmt Schormann. Für Deutschland ist nur ein Mini-Aufgebot nach Guatemala gereist. Bei den Männern bilden der deutsche Meister Sebastian Dietz, Sascha Vetter und Steffen Gebhardt ein Team. Dagegen startet Lena Schöneborn als Einzelkämpferin. Der ehemalige Weltmeister Eric Walther aus Berlin verzichtete auf eine Teilnahme. Der Titelträger von 2003 konnte aus Studiengründen nicht nach Guatemala reisen.

Trotz der guten Bedingungen im zentralamerikanischen Wettkampfort dümpelt die olympische Ur-Disziplin in der Bedeutungslosigkeit. Von den Medien weitgehend unbeachtet und den Zuschauern als uninteressant befunden, ist der Fünfkampf eine klassische Randsportart. Doch das soll sich schrittweise ändern, geht es nach dem Willen der Verantwortlichen. „Seit Jahren verändern wir das Regelwerk Stück für Stück“, erklärt Schormann. Zu schnell möchte der Verbandspräsident dabei nicht vorgehen: „Man kann die Athleten nicht vergewaltigen.“ Beim Fechten sollen die Athleten künftig häufiger gegeneinander antreten und beim Reiten wird nur noch eine Verweigerung der Pferde am Hindernis erlaubt sein. Nach den Sommerspielen 2008 wird die größte Veränderung folgen. Das Laufen und Schießen wird, ähnlich dem Biathlon, zu einer Disziplin vereint und im unmittelbaren Anschluss an das Reiten noch im selben Stadion ausgetragen. Lange Wettkampfpausen werden der Vergangenheit angehören. „Wir wollen die Wettbewerbe schneller gestalten, ohne aber verkürzend oder wegnehmend zu sein. Vom Biathlon können wir lernen“, sagt Schormann.

Dabei stützen sich die Reformer auch auf den Einsatz moderner Computersoftware für die mediengerechte Aufbereitung. „Wir arbeiten mit der Firma Siemens zusammen, um den Zuschauern interessante Animationen zu präsentieren“, so Schormann. Bei all den Neuerungen bleiben Vorbehalte. Für Professor Jürgen Schwier, Medienwissenschaftler aus Gießen, ist der Fünfkampf akut vom Aussterben bedroht. Der Sport habe „ein wahrscheinlich unlösbares Imageproblem, weil er aus einer militärischen Tradition entstanden ist“, so der Medienforscher und fügt hinzu: „Ein richtiges Zuschauerinteresse an ihm hat es noch nie gegeben.“ In seinen zahlreichen Arbeiten zum Thema Sport und Medien zeigt Schwier auf, dass eine Mediensportart vor allem zwei Kriterien erfüllt: einerseits ein „Maximum an Aktion auf engstem Raum“. Und andererseits ein „Maximum an Aktion in minimaler Zeitspanne“. Beide Bedingungen erfülle der moderne Fünfkampf nur ungenügend. „Noch drei oder vier olympische Spiele und dann wird es diesen Sport nicht mehr geben“, prognostiziert Schwier. Dagegen kämpft Schormann an. Bereits im Jahre 2002 sollte die Sportart nach einer Evaluierung des IOC aus dem olympischen Programm genommen werden. Mit einem Kraftakt konnte der Weltverband dies in letzter Sekunde verhindern.

„Damals habe ich eine gigantische Rede gehalten und dadurch sämtliche Verbände auf unsere Seite ziehen können“, sagt Schormann und behauptet: „Heute gibt es in keinster Weise, auch nicht in irgendeiner Nische, eine Diskussion über den Modernen Fünfkampf.“ Nächstes Jahr findet die Weltmeisterschaft in Berlin statt. Danach könnte die Sportart wieder zur Disposition stehen. LARS GEIGES