Mit dem Queue ins Königreich

Jeder professionelle Snooker-Spieler hat nur ein Ziel: in England mit der Elite am Tisch stehen. Den Deutschen Lasse Münstermann und Patrick Einsle geht das nicht anders

BERLIN taz ■ Für Lasse Münstermann ist Snooker mehr als ein Spiel. „Mein Sport ist eine Art Selbsthilfekurs“, sagt der 27-Jährige. „Man muss sich selbst sehr gut kennenlernen, um in den vielen Drucksituationen im Spiel die Nerven zu bewahren. Dann spielt man auch besser.“ Der Bielefelder muss es wissen. Seit 2005 verdient er sein Geld hauptberuflich mit dem Queue. Zuletzt gewann er die nationale Meisterschaft und trat für Deutschland bei der Amateur-WM in Jordanien an, die gestern zu Ende ging. Sein Traum ist es, dauerhaft an der britischen Profiserie, der Main Tour, teilzunehmen. Der Weg dorthin ist beschwerlich.

„Ich halte es für schwieriger, überhaupt hineinzukommen, als sich dort zu etablieren“, sagt Münstermann über die Elite-Liga auf der Insel, wo lukrative Werbeangebote und hohe Preisgelder auf die Spieler warten. Die Ochsentour beginnt mit finanziellen Überlegungen. Um eine Profi-Lizenz zu erhalten, wird ein jährlicher Mitgliedsbeitrag von 400 britischen Pfund fällig. Erst dann erlaubt der Weltverband, die World Snooker Association (WSA), die Teilnahme an der sogenannten Open Tour. Dort kämpfen etwa 200 Talente auf acht Turnieren um Ranglistenpunkte. Wer es schafft, am Ende zu den besten acht zu gehören, bekommt die Chance, sich auf der Main Tour zu beweisen, wo Snooker-Größen wie Ronnie O’Sullivan oder Stephen Hendry auf die Neulinge warten.

„Die Main Tour ist eigentlich ein geschlossener Zirkus, in den alle paar Jahre mal einer reinkommt“, sagt Thomas Hein, Vize-Präsident der Deutschen Billard-Union. Das System sei „viel zu Briten-lastig“. Hein geht davon aus, dass der Verband vor allem daran interessiert sei, seine Spitzenspieler zu protegieren. „Die WSA ist eine Firma und schützt ihr Produkt. Das kann man kritisieren, aber man muss es auch akzeptieren“, so Hein.

Tatsächlich dominieren die Briten Snooker wie etwa die Chinesen im internationalen Tischtennis. Unter den Top 35 der Weltrangliste finden sich 30 Spieler aus Großbritannien. Nur zwölf von insgesamt 96 Main-Tour-Profis kommen nicht aus dem Vereinigten Königreich oder einem ehemaligen Commonwealth-Staat.

Diese Dominanz versucht auch Patrick Einsle aus Füssen zu brechen. Mit einer Wildcard nimmt der 19-Jährige an der laufenden Main-Tour-Saison teil. Sein Erfolg ist bisher mäßig. „Ich brauche unbedingt Siege, um mich in der Liga zu halten“, sagt Einsle. Zweimal scheiterte er bereits in der ersten Qualifikationsrunde. Nur noch vier Turniere bleiben dem Deutschen, Punkte für den Verbleib auf der Tour zu erspielen.

Auch Lasse Münstermann hatte vor sechs Jahren die Gelegenheit, sich in der Königsklasse zu beweisen. Das Intermezzo währte nur ein Jahr; machte ihm aber Lust auf mehr: „Ich war überrascht, weil ich dachte, dass das Niveau dort um einiges höher sei. Ich konnte durchaus mithalten.“ Seine Erfolgsquote war jedoch zu schlecht, sodass er sich nach nur einer Saison wieder aus der Beletage des Snookers verabschieden musste.

Eine neue Bewährungschance sollte nun die Amateur-WM in Jordanien bringen. Die Finalisten bekommen automatisch eine Startberechtigung für die kommende Main-Tour-Saison. „Im letzten Jahr stand ich im Halbfinale. Dieses Jahr will ich ins Finale“, sagte Münstermann vor Beginn des Championats. „Es ist der einfachere Weg, sich zu qualifizieren.“

Nach einem vierten Platz in der Gruppenphase scheiterte Münstermann bereits in der anschließenden ersten K.o.-Runde – an Kurt Maflin aus Norwegen, dem späteren Weltmeister. Das Finale fand also ohne den Deutschen statt, und auch der Traum von einer Fortsetzung der Profikarriere auf der Main Tour muss verschoben werden. Für Münstermann geht der Selbsthilfekurs weiter. LARS GEIGES