Wie erleben Sie den Klimawandel? Folge 9: Skiliftbetreiber Herbert Wolfram im Osterzgebirge
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Ort: Rehefeld und das gesamte Erzgebirge

Klimawandel: Weniger Schnee

Betroffen: Wintersport und Tourismus

Im Erzgebirge konnten die nach 1990 versprochenen blühenden Landschaften nur als tief verschneite Schneelandschaften begriffen werden. Für den DDR-Bürger lagen hier neben Harz und Thüringer Wald die erreichbaren kleinen Alpen. Ferienplätze des FDGB in den zahlreichen Heimen waren begehrt. Und so setzte die kleine Gemeinde Rehefeld im Osterzgebirge 1992 Masten für einen Doppelsessellift, eine für hiesige Verhältnisse aufwändige Anlage. Ein trotzig anmutendes Vorhaben angesichts der Lage von nicht einmal 800 Metern Seehöhe, nach der Wende ausbleibenden Dauerurlaubern und von Wintern, die schon damals nicht mehr das zu sein schienen, „was sie früher einmal waren“.

So ist Skilift-Betriebsleiter Herbert Wolfram nicht der einzige, der auf Fragen nach einer spürbar verkürzten Wintersportsaison nur ausweichend antwortet. Auch beim Tourismusverband Erzgebirge e. V. hat man darüber angeblich keine gesicherten Erkenntnisse. Nicht einmal die Wetterstationen auf dem 1.214 Meter hohen Fichtelberg und in Zinnwald wollen eine klare Tendenz hinsichtlich der Schneelage erkennen. Allen geht es spürbar um die Zukunft eines gestressten Tourismusgewerbes, das niemand durch Statistiken oder gar heiße Prognosen gefährden will.

Etwas offener zeigt sich Ulrike Engel von der Tourist-Information Altenberg, unweit von Rehefeld gelegen. „Was wird, wenn weniger oder kein Schnee mehr fällt? Das ist schon ein Thema bei uns“, verrät sie.

Alternativangebote seien im Gespräch, geführte Wanderungen zum Beispiel oder eine Eiskletterwand. Für die es freilich auch frostig sein müsste. Das aber wird immer unwahrscheinlicher, zumal die ostdeutschen Mittelgebirge als besonders anfällig gegenüber dem Klimawandel gelten.

Jörg Matschullat von der Bergakademie Freiberg präsentierte schon im Jahr 2002 Zahlen, nach denen die Durchschnittstemperatur im Erzgebirge seit den fünfziger Jahren um zwei Grad angestiegen ist. Die Statistik des Deutschen Wetterdienstes in Potsdam, die anscheinend niemand im Erzgebirge auswertet, belegt jenen subjektiven Eindruck, den man an Loipen und Liften gelegentlich vernahm.

Am Fichtelberg zeigt die Zahl der Wintertage mit mehr als 50 Zentimeter Schneehöhe seit 1971 eine deutlich sinkende Tendenz. Lagen in Zinnwald in den siebziger Jahren noch an durchschnittlich 112 Tagen im Jahr mehr als zehn Zentimeter Schnee, waren es in den Neunzigern nur noch 94 Tage.

Die Prognosen des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie ernüchtern vollends. Bis zu vier Grad wärmer soll es bis zum Jahr 2070 speziell im Winter werden, der wie überall von der Klimaerwärmung besonders betroffen ist. Dann wird in Rehefeld wohl nur noch eine Sommerrodelbahn ganzjährig Touristen anlocken können.MICHAEL BARTSCH