Na, wie war er?

Seit gut zwei Wochen ist der Film zur politisch unkorrekten Kunstfigur „Borat“ in deutschen Kinos zu sehen – zur Enttäuschung vieler Zuschauer. Denn „Borat“ ist ein Erfolg der YouTube-Generation

VON JUDITH LUIG

2.941 Ausschnitte kann man von Sacha Baron Cohens sozialer Granate „Borat“ bei YouTube runterladen. Szenen, wie das Interview mit dem schwulenfeindlichen Vietnamveteran, der Abschied von der Heimat Fantasiekasachstan oder das Gespräch mit einer Übertoleranten, bei dem die Figur Borat an ihre Grenzen stößt. Einige davon haben es nie in den Film geschafft, aber es sind diese Ausschnitte des Hit-and-Run Roadtrips, die „Borat“ groß gemacht haben.

Ein krankes Amerika wird hier dargestellt. Kasachstan protestiert, das europäische Zentrum für Antiziganismusforschung und interviewte Verbindungsstudenten klagen – das alles heizt die YouTube-Sammler an. Egal wie häufig sich die angebotenen Szenen wiederholen, die meisten sind fast eine Million Mal runtergeladen worden. Etliche Kinobesucher hatten ei- nen kompletten Film im Kopf, noch bevor sie ihr Date fürs Kino klar hatten. Reingegangen sind sie dann trotzdem. Borat hat sicher noch ein Ass im Ärmel, dachten sie. Hatte er aber nicht.

Borat ist ein YouTube-Film, eine neue Generation. So wie hier Witze über Dinge gemacht werden, über die man nicht lachen darf, so untergräbt man beim Runterladen einzelner Minuten „Borat“ das Urheberrecht. Zumindest scheint es so.

Die vermeintliche Beschaffungskriminalität vermittelt einem das Gefühl, beim großen Schmuggel gegen die Autoritäten dabei zu sein – die, die einem vorschreiben, was man sehen darf und was lustig ist. Weil „Borat“ selbst ein Film in Fragmenten ist, macht es einem mehr Spaß als bei großen Spielfilmen.

Im Kino, wo sich Sacha Baron Cohen dann doch an die cineastischen Gepflogenheiten hält und eine richtige Geschichte um seine Figur erfindet, funktioniert dieser Effekt nicht mehr. Das postmoderne Märchen, um die Interviews des kasachischen Reporters herumgesponnen, wirft auch gleich die Frage auf, wie viele der Takes eigentlich vorher mit den Interviewten abgesprochen waren. Zugegeben: die meisten Zuschauer ignorieren Borats Läuterung von der Lust nach der dickbrüstigen Pamela Anderson zur Liebe für eine dickbäuchige Prostituierte. Es wäre besser gewesen, wenn auch Cohen diese Idee ignoriert hätte.