„Seehofern“ und „södern“

GELD Wieso kriegt immer der Osten so viel beim Länderfinanzausgleich? Damit muss Schluss sein, findet der nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans

„Walter-Borjans’ Vorstoß ist ein Treppenwitz“

STEFFEN KAMPETER, CDU

AUS DÜSSELDORF ANJA KRÜGER

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) fordert einen völlig neuen Länderfinanzausgleich. Er geht dabei auf Konfrontationskurs zu den ostdeutschen Ländern und den Stadtstaaten. „Es muss Schluss sein mit der Förderung nach der Himmelsrichtung und pauschalen Sonderkonditionen“, sagte Walter-Borjans am Montag. Das bisherige System benachteilige NRW. Bei den Verhandlungen um die neuen Regeln seien er und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in der Lage, zu „seehofern“ und zu „södern“, drohte Walter-Borjans mit Blick auf den stets auf die Interessen Bayerns bedachten CSU-Ministerpräsidenten und dessen Finanzminister.

Im Jahr 2019 laufen die bisherigen Regeln für den Länderfinanzausgleich aus. Unter Druck geraten sind die jetzt anstehenden Verhandlungen durch eine Verfassungsklage der Länder Bayern und Hessen, die das bisherige System ablehnen. Bislang werden über den Länderfinanzausgleich die Steuereinnahmen der Länder untereinander verteilt. „Wir wollen einen Paradigmenwechsel“, sagte Walter-Borjans. Das gelte für sämtliche Transferleistungen zwischen den Ländern. Die Stadtstaaten würden beim Länderfinanzausgleich ärmer gerechnet, als sie seien, kritisiert er. Bei der Berechnung werden die Einwohnerzahlen höher gewichtet, so dass die Einnahmen statistisch sinken. Auf diese Weise soll gewürdigt werden, dass die Städte auch für die Einwohner im Umland Leistungen erbringen. „Das gilt aber auch für München, Köln, Düsseldorf oder das Ruhrgebiet“, sagte der Sozialdemokrat.

Auch der Solidarpakt II läuft 2019 aus, der besondere Zuweisungen an die ostdeutschen Länder regelt. Der Solidaritätszuschlag bringt dem Fiskus jährlich 14,6 Milliarden Euro. „Aber nur 7,3 Milliarden fließen in den Umbau des Osten“, sagte er. Der Rest werde in die Sanierung des Bundeshaushalts gesteckt. Ein Teil davon will Walter-Borjans für einen Altschuldenfonds für Länder, die bislang den Strukturwandel allein finanziert haben.

Als Einzahler gelten gemeinhin Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Doch das stimmt nur für den Teil der Transferleistungen, der die Umsatzsteuer nicht berücksichtigt. Wird der gesamte Länderfinanzausgleich betrachtet, gehört NRW mit einer Zahlung von 1,7 Milliarden Euro ebenfalls zu den Geberländern, betonte Walter-Borjans. Gleichzeitig muss NRW in diesem Jahr Kredite in Höhe von 2,4 Milliarden aufnehmen. Der Finanzminister will keine Kredite mehr aufnehmen und zugleich im jetzigen Ausmaß in den Ausgleich zahlen müssen.

Für die CDU ist der Vorstoß von Walter-Borjans ein „Treppenwitz“. „Schuldenkönig unter den Ländern ist und bleibt der NRW-Finanzminister – da hilft auch keine Schönrechnerei, um von der katastrophalen Lage der Landesfinanzen abzulenken“, sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Steffen Kampeter, der auch Vizelandesvorsitzender der CDU in NRW ist. Die Grünen dagegen begrüßen die Pläne.