Russland darf in die WTO

Nachdem die Russen mit einer Zugangssperre zu ihren Energiereserven gedroht hatten, sind jetzt auch die USA für einen Beitritt zur Welthandelsorganisation

BERLIN taz/rtr/dpa ■ Der Aufnahme Russlands in die Welthandelsorganisation (WTO) steht nichts mehr im Wege. Nach 13 Jahre langen Verhandlungen haben sich Vertreter aus Moskau und aus Washington auf eine entsprechende bilaterale Vereinbarung geeinigt. Das teilte das russische Wirtschaftsministerium in Moskau mit.

US-Präsident George W. Bush wird am kommenden Mittwoch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Zwischenstopp in Moskau zusammentreffen. Russische Medien hatten bereits zuvor berichtet, Putin und Bush könnten bei einem Treffen am Rande des Apec-Gipfels am 18. November in Hanoi die WTO-Einigung besiegeln. Nachdem inzwischen unter anderem die EU eingelenkt hatte, waren die USA bislang die letzte Handelsmacht, die die Aufnahme Russlands in die WTO blockierte.

Zuvor war eine Einigung am Vorabend des G-8-Gipfels in St. Petersburg im Juli gescheitert. Unter anderem hatten US-amerikanische Wirtschaftsverbände an Bush appelliert, Russland nicht ohne weiteres Entgegenkommen in die WTO zu lassen.

Zu zahlreich waren die Kritikpunkte der USA an Russland: der schlechte Schutz geistigen Eigentums, das Zulassungsverbot für Filialen ausländischer Banken, die Diskriminierung ausländischer Flugzeughersteller und nicht zuletzt ein Importverbot für amerikanische Hühnerschenkel aus gesundheitlichen Gründen.

Russland aber hat dank seines Rohstoffreichtums genügend Selbstbewusstsein, um sich nicht auf unangenehme Kompromisse einlassen zu müssen – wie etwa die Aufgabe der staatlichen Kontrolle über die Energiepreise oder der politisch opportunen Importbeschränkungen für amerikanische Hähnchen, ukrainischen Käse und georgischen Wein.

Im Juli hatten die russischen Unterhändler gedroht, US-Energiekonzerne von der Beteiligung an der Gasförderung auszuschließen, sollten die USA weiter die Aufnahme Russlands in die WTO blockieren. Diese ist für Russland ohnehin eher eine Prestigefrage als eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Denn die Hauptexportgüter des Landes sind Öl und Gas, und die sind auch ohne WTO-Regelung praktisch nicht von Handelsschranken betroffen.

Bei den WTO-Verhandlungen gilt das Prinzip der Einstimmigkeit. Die Zustimmung der USA galt als letzte große Hürde für den russischen Beitritt. Außerdem muss Costa Rica noch zustimmen. Erst am Dienstag war mit Vietnam als 150. Staat ein weiteres ehemaliges Ostblockland in die WTO aufgenommen worden. LIEB