Masterplan gegen Verkehrstote

In Hamburg sind im letzten Jahr 43 Menschen durch Verkehrsunfälle gestorben. Die SPD will die Straßen sicherer machen. Kinder und Senioren sollen zum Beispiel auf Bus und Bahn umsteigen

VON HANNA GERSMANN

Senioren fahren Bus statt Auto! Kinder bis zu vierzehn Jahren tragen auf dem Rad einen Helm! Fußgänger bekommen mehr Bürgersteige! Das forderte gestern Karin Timmermann, die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Sie hat jetzt ein Verkehrssicherheitskonzept entwickelt. Es soll ein Masterplan gegen den Tod auf den Straßen sein.

In Hamburg sind im letzten Jahr 43 Menschen durch Verkehrsunfälle gestorben, 11.000 wurden verletzt. Pro eine Million Einwohner verunglückten damit 6.500 Menschen. Das sind 1.500 mehr als etwa in Berlin oder München. Timmermann: „Hamburg ist bei der Verkehrssicherheit Schlusslicht.“

Fast jeder schnallt sich an, die Rettungsmedizin ist perfektioniert, in den letzten Jahren hat sich einiges getan. Doch noch immer seien die gefährdet, die keine Knautschzone haben, sagt die SPD-Politikerin – „Fußgänger und Radfahrer, es trifft vor allem Kinder und Senioren“.

Allein zwischen 2004 und 2005 hat die Zahl der Verunglückten, die zwischen sechs und zehn Jahren sind, in der Hansestadt um gut 15 Prozent zugenommen. Ähnlich bedenklich ist die Steigerung bei den über 65-Jährigen um knapp neun Prozent. Senioren reagieren im Verkehr zu langsam. Lastwagen- und Autofahrer fahren zu schnell.

Anders als in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder Nordrhein-Westfalen gibt es in Hamburg „bislang aber kein Konzept gegen Unfälle“, sagt Timmermann. Sie hat nun auf 14 Seiten Maßnahmen aufgelistet.

Darunter dieser Vorschlag: Jeder, der einen Führerschein besitzt, soll alle zehn Jahre zum Sehtest. Ab dem 70. Lebensjahr sollen auch Reaktions- und Hörfähigkeit untersucht werden. Und: Senioren, die ihren Führerschein aus eigenem Entschluss zurückgeben, sollen ein halbes Jahr lang zum Nulltarif die öffentlichen Verkehrsmittel in Hamburg benutzen dürfen.

Auch Kinder sollen umsteigen auf Busse und Bahn. Wer nicht älter als vierzehn ist, soll die Tickets umsonst bekommen. Außerdem soll es ein günstiges Gruppen-Wochenendticket für den HVV geben.

Das hört sich gut an. Doch HVV-Sprecherin Gisela Becker sagt: „Solche Ideen sind lobenswert, verursachen aber Mindereinnahmen“. Diese müssten durch den Senat ausgeglichen werden. „Ob man den Bürgern so etwas gönnen will, ist eine politische Entscheidung.“ Timmermann fehlen die Bündnispartner.

„Es gibt für Kinder schon genug Rabatte“, sagt Klaus-Peter Hesse, CDU-Verkehrsexperte in der Hamburger Bürgschaft. Derzeit können Kinder am Wochenende das Abo-Ticket ihrer Eltern mitnutzen. Für Familien gibt es auch eine Extra-Tageskarte. Zum normalen Tarif in der Woche zahlen Kinder allerdings für die Strecke von Rahlstedt in die Hamburger Innenstadt 90 Cent.

Timmermanns Verkehrs-Ideen sind kostspielig. Sie fordert mehr Verkehrskontrollen und bessere Rad-und Fußwege. Der Senat soll einen Beauftragten für Schulwege einstellen. Dazu kommen Aufklärungskampagnen wie „Schulweg ohne Auto ist schön“ und Sicherheitstrainings. Alkohol und Drogen am Steuer sollen verboten werden. Autofahrer sollen künftig immer – auch tagsüber – mit Licht fahren. Zulässige Höchstgeschwindigkeit: 50 Kilometer pro Stunde.

Viele Maßnahmen ließen sich mit Bußgeldern der Verkehrssünder bezahlen, meint Timmermann. Sie will sich von ihren Versprechen nicht abbringen lassen – „Die SPD will die Zahl der Unfalltoten und Verletzten bis 2016 um 40 Prozent senken.“