KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER
: Telekom-Urteil lässt viele Fragen offen

Verurteilter Sicherheitschef ist möglicherweise nur ein Bauernopfer

Dreieinhalb Jahre Haft – gering ist die Strafe nicht, die die dritte große Strafkammer am Landgericht Bonn am Dienstag gegen Klaus Trzeschan, den früheren Sicherheitschef der Telekom, verhängt hat. Damit hat das Gericht nachdrücklich deutlich gemacht, dass das Ausspähen von Festnetz- und Handyverbindungsdaten kein Kavaliersdelikt ist. Das Urteil ist somit auch ein Sieg für den Datenschutz. Doch Grund zur Zufriedenheit besteht nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten fällt die Bilanz etwas ernüchternder aus.

Denn es bleibt ein schaler Geschmack: Handelt es sich bei dem Verurteilten vielleicht nur um ein Bauernopfer? Denn weiterhin stellt sich die große Frage, ob tatsächlich die Spitze von Deutschlands Telefonriesen nichts von den kriminellen Machenschaften ihres für die Konzernsicherheit verantwortlichen Abteilungsleiters wusste.

Man mag den Beteuerungen des damaligen Konzernchefs Kai-Uwe Ricke glauben – oder auch nicht. Dagegen spricht die zutage getretene blinde Autoritätshörigkeit beim Telefonriesen Telekom. „Wenn Sie bei der Telekom sagen, das kommt vom Vorstandsvorsitzenden, dann klappt alles“, brachte es der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff auf den Punkt.

Fest steht jedenfalls auch, dass der Konzernchef Ricke die eindringliche Anweisung gab, eine undichte Stelle bei der Telekom ausfindig zu machen. Ihm hatte zumindest bewusst sein müssen, dass legale Methoden dazu nicht unbedingt ausreichen. Fest steht ebenfalls, dass es die Telekom Trzeschan sehr leicht gemacht hat.

Doch das ist nicht der einzige Wermutstropfen. Zu Recht kritisieren überdies die Anwälte der Bespitzelungsopfer und auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, dass Staatsanwaltschaft und Gericht auch alle Vorwürfe der gezielten Behinderung der Aufsichtsrats- und Betriebsratstätigkeit völlig außer Betracht gelassen haben.

Denn tatsächlich richteten sich die Bespitzelungsaktionen von Anfang an gezielt gegen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat beziehungsweise im Präsidialausschuss der Telekom. Sie wurden von der Konzernspitze verantwortlich gemacht für die Indiskretionen, die aus dem Konzern an die Öffentlichkeit gelangten – und zwar ohne dass es dafür irgendwelche Belege gab, wie das Gericht gestern noch einmal ausführlich dargelegt hat.

So bleiben nach Abschluss des Prozesses viele Fragen leider ungeklärt.

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