Schmuggel und Terror in Ostkongos Wäldern

KONGO Neuer UN-Expertenbericht enthüllt dunkle Geschäfte illegaler Milizen aus Ruanda, Burundi und Uganda im Ostkongo und übt scharfe Kritik auch an Kongos Regierungsarmee. Sanktionen verlängert

KAMPALA taz | Zwei Flaschen Uranstaub, vier Flaschen flüssiges Quecksilber und zwei Flaschen Radium – diese gefährlichen Substanzen gehören laut dem neuesten Bericht der UN-Expertengruppe zur Überwachung der Sanktionen gegen bewaffnete Gruppen im Osten der Demokratischen Republik Kongo zum Verkaufssortiment der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas). Als Beweis liefern die UN-Experten in dem Bericht, der am Montagabend veröffentlicht wurde, Fotos eines verplombten Kanisters sowie die Aufnahme einer SMS: „Ich habe eine Flasche Uran, das ich dir verkaufen kann.“ Die Ermittler hatten sich als potenzielle Kaufinteressenten ausgegeben. Als die UN-Experten das Uran abschlugen, habe der Mittelsmann, ein bekannter Goldhändler aus der Stadt Bukavu, den Kanister zu einem ruandischen Pastor in der Region Kalehe gebracht.

Der UN-Bericht enthüllt die neuesten Machenschaften nicht nur der Rebellengruppen im Ostkongo, sondern auch der kongolesischen Regierungsarmee und ausländischer Milizen. Agathon Rwasa, Führer der einstigen burundischen Hutu-Rebellenarmee FNL (Nationale Befreiungskräfte) in Burundi, formiere seine in Burundi offiziell aufgelöste Miliz in den Wäldern der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu bei Uvira nahe der burundischen Grenze neu. 700 Milizionäre hätten sich bereits angeschlossen. Rwasa habe zudem Kontakte zur FDLR aufgenommen.

Die UN-Ermittler recherchierten auch das Finanznetzwerk der ugandischen Muslim-Rebellen ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte), die sich seit über ein Dutzend Jahren im Rwenzori-Gebirge an der Grenze zwischen Uganda und Ostkongo verschanzen. Ugandas Geheimdienst hatte die ADF für die von somalischen Islamisten verübten Anschläge in Ugandas Hauptstadt Kampala während des Endspiels der Fußball-WM mitverantwortlich gemacht. Tatsächlich wollen die UN-Experten Beweise für Kontakte der ADF zu al-Qaida entdeckt haben. Zwei Pakistanis und zwei Marokkaner hätten ADF-Kämpfer ausgebildet, Geld sei aus London gekommen.

Ungewöhnlich harsche Kritik üben die Ermittler an Kongos Regierungsarmee, die in dem Bericht als illegale bewaffnete Gruppe im eigenen Land beschrieben wird. Kommandeure hätten sich von der Befehlsstruktur selbstständig gemacht und würden illegal Dörfer überfallen, Rohstoffe plündern und Frauen und Mädchen vergewaltigen.

Kongos Armeesprecher Maj Silvain Ekenge erklärte, dies sei alles nicht wahr. Der UN-Sicherheitsrat in New York hat nun das Mandat der UN-Expertengruppe sowie das geltende Waffenembargo gegenüber bewaffneten Gruppen im Kongo verlängert.

SIMONE SCHLINDWEIN