Lufthansa testet Agrokerosin im Regelbetrieb

ROHSTOFFE Das Unternehmen prüft, ob Agrosprit eine Alternative ist. Kritiker: „Das ist ein Placebo-Projekt“

„Kerosin muss besteuert werden“

Heiko Balsmeyer, VCD

BERLIN taz | Womit fliegen Flugzeuge, wenn das Erdöl für das Kerosin zur Neige geht? Schließlich scheiden anders als bei Autos Elektromotoren als Alternative zum Erdölantrieb aus. Denn sie sind nicht geeignet für den Luftverkehr, bei dem große Massen extrem beschleunigt werden müssen. Eine Alternative ist, das Kerosin durch Treibstoff auf Pflanzenbasis zu ersetzen. Zur Erprobung dieser Möglichkeit hat es umfangreiche Tests gegeben. Jetzt plant die Lufthansa, unterstützt von der Bundesregierung, erstmalig den Regelbetrieb eines Passagierflugzeugs, das mit biosynthetischem Kerosin angetrieben wird. Das gaben die Firma und das Wirtschaftsministerium am Montag bekannt.

Die Lufthansa erwartet, dass ihr neuer Treibstoff Ende März zugelassen wird. Luftverkehrstreibstoffe müssen hohe Anforderungen erfüllen: Sie müssen etwa Temperaturen von minus 47 Grad und darunter vertragen, da es in hohen Luftschichten, in denen die Maschinen fliegen, entsprechend kalt ist. Nach der Genehmigung des Kraftstoffs will die Lufthansa ab April täglich mit einer Maschine, die diesen Kraftstoff tankt, mehrfach von Hamburg nach Frankfurt am Main fliegen. Diese Maschine hat zwei Triebwerke; in einem wird normales Kerosin verbrannt, in dem anderen ein Kerosin-Agrokerosingemisch. Der Agrospritanteil soll dabei bei 50 Prozent liegen. Begleitet wird das Projekt durch Forschungen. Langfristig werde der Beimischungsanteil aber lediglich bei fünf bis zehn Prozent liegen, sagte Lufthansa-Projektleiter Joachim Buse.

Der Agrokraftstoff für das Projekt wird aus Palmöl, und zwar zu 60 Prozent, sowie aus Raps und tierischen Fetten gewonnen. Geplant sei, das Palmöl, dessen Produktion zur Vernichtung von Regenwald beiträgt, durch Öl der Jatrophapflanze zu ersetzen, die auch auf kargen Böden gedeihe, sagte Buse. „Unser Projekt soll sich nicht negativ auf die Nahrungsmittelproduktion oder die Artenvielfalt auswirken.“ Eine weitere Alternative, das Kerosin aus Kohle herzustellen, schloss Buse wegen der schlechten Klimabilanz aus.

Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte das Agrosprit-Projekt als Placebo. Agrokraftstoffe hätten eine schlechtere Klimabilanz als fossile, wenn man die veränderte Landnutzung einbeziehe, sagte VCD-Luftfahrtexperte Heiko Balsmeyer der taz. „Fliegen ist nicht umweltfreundlich.“ In Zukunft müsse weniger und effizienter geflogen werden. „Dafür brauchen wir endlich die Besteuerung von Kerosin.“

RICHARD ROTHER